Berührungsängste abbauen… oder: Ohne Schweinefleisch kochen ist nur der Anfang

Pfadfinderinnen und Pfadfinder aus der Region Fichtelgebirge laden seit über einem Jahr junge Geflüchtete zu ihren Aktionen ein. So nahmen schon letztes Jahr Flüchtlinge an der Weihnachtsfeier teil und – weil das so ein Erfolg war – wurde beschlossen, den Kontakt zu pflegen und sich weiter zu treffen.

15 05 09 Familienwanderung Hoffmannsteiche (35)

Die Idee hatte der Stamm Albatros des VCP Coburg schon im letzten Jahr. Durch die Ankunft von vielen Flüchtlingen in Coburg und der immer schärfer polarisierenden Diskussionen in der Öffentlichkeit entwickelten die Pfadfinderinnen und Pfadfinder den Plan, die Flüchtlinge zu einer Weihnachtsfeier einzuladen – anstelle der sonst üblichen Waldweihnacht.

Tobias Kupek erzählt: „Wir wollen den Flüchtlingen in unserer Region und ihren Familien einen Nachmittag bieten, um sich untereinander und mit uns auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen. Letztendlich ging es darum, die Flüchtlinge in Coburg willkommen zu heißen und ihnen einen herzlichen Empfang zu bereiten. Die Rückmeldungen auf unsere Einladung waren überwältigend. Über 40 Leute, die ursprünglich aus dem Iran, Aserbaidschan, der Ukraine, Weißrussland, China und Syrien kamen, nahmen das Angebot an und trafen sich zusammen mit 25 Pfadis aller Altersstufen aus dem VCP Coburg im Haus Contakt, dem Gemeindehaus der St. Moritzkirche.“

Für die Kinder und Jugendlichen war die Sprachbarriere beim Spielen kaum problematisch. Die Erwachsenen erzählten über ihre Heimatländer, die Auswirkung von Kriegen auf das persönliche Leben, die Mühen einer oftmals monatelang dauernden Flucht und die bürokratischen Hürden in Deutschland. Mit einem gemeinsames Abendessen und Abschiedsliedern ging ein schöner Abend zu Ende. Aber da die Rückmeldung so positiv waren, wurden weitere Veranstaltungen geplant.

Tobias: „Wir hatten die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge auf einem Stammeslager, einer Familienwanderung und unserem Techniklager „Scoutec“ mit dabei. Ziel war es dabei die Jugendlichen so gut wie möglich in den Pfadfinderalltag einzubeziehen. Unsere Erfahrungen mit den Jugendlichen zeigten dass man sehr flexibel und spontan sein muss. Sie hatten keine Schlafsäcke, aber die konnten wir dann kurzfristig von Leuten aus unseren Gruppen organisieren. Dann hatten wir die anfängliche Zusage der Stadt, dass die Teilnahmebeiträge der Jugendlichen übernommen werden, die wurde aber zwei Tage vorher zurückgezogen. Bei den Bewegungsspielen und Workshops, die mit wenig Sprache funktionieren, sind die Jugendlichen sofort dabei. Viele sprechen quasi kein Deutsch. Funktioniert hat es aber immer. Eine Herausforderung für die Küche sind auch die kulinarischen Unterschiede, ohne Schweinefleisch zu kochen ist da nur der Anfang …“

Ende November stand in Coburg dann wieder mal die Weihnachtsfeier an. Natürlich wieder mit einigen Gästen:
Tobias: „Es war ein tolles Event. Wir hatten acht unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge mit ihrer Betreuerin zu Gast, sodass wir mit insgesamt 20 Jugendlichen und einigen Erwachsenen einen schönen Nachmittag verbringen konnten. Nach ein paar kurzen Spielen und einem Lied, um die ersten Berührungsängste abzubauen, haben wir uns Jamboreebilder angesehen, dann wurde gekickert und nach dem Essen wurde ein winziger Schneehaufen zur Schneeballschlacht genutzt. Bei Kuchen und einem gemeinsamen afghanischen Tanz, den wir so halbwegs nachtanzen konnten, ließen wir den Nachmittag ausklingen“.

Tobias und die Planungsteams der verschiedenen Veranstaltungen sind vor allem davon begeistert, wie vorurteilsfrei die Flüchtlinge von den andern Pfadis mit aufgenommen werden. Die vielen Erfahrungen werden sie auf jeden Fall nutzen, um auch im nächsten Jahr auf die ein oder andere Fahrt oder das ein oder andere Lager wieder Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten, mitzunehmen. Vielleicht klappt es dann sogar mit einer neuen Sippe, die zusammen mit Jugendlichen aus Coburg und jungen Flüchtlingen geplant ist.

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