Pfadfinden ist lebendige Ökumene

Beitrag der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) und des Verbandes Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP) zum Reformationsjubiläum 2017

Die Bundesleitungen von DPSG und VCP haben sich gemeinsam positioniert – für eine lebendige Ökumene. Die Erklärung könnt ihr hier nachlesen. Sie richtet sich vor allem nach außen. In der nächsten Ausgabe der anp werden wir die Positionierung aufarbeiten und zeigen, wie unsere Verbände an dieser lebendigen Ökumene weiter arbeiten können.

Einer aber ist euer Meister; ihr seid aber alle Brüder. Mt 23,8

2017 – in diesem Jahr begehen wir das erste Reformationsjubiläum im ökumenischen Zeitalter. Die Konfessionen sind in den vergangenen 100 Jahren aufeinander zugegangen und es wuchs ein Verständnis darüber, dass das, was uns verbindet, viel stärker ist als das, was uns trennt.
Zwischen unseren Verbänden ist aus dem Aufeinander zugehen ein gutes ökumenisches Miteinander geworden. Wir sind aktiv und gestalten Kirche, wir leben Ökumene und setzen uns für ein Voranschreiten in der Ökumene ein.

Das Evangelium als Kompass
Unsere beiden Verbände sind bewusst als konfessionelle Verbände gegründet worden. Und so gehört das Bekenntnis zum christlichen Glauben zu unserem Profil. Gemeinsam sehen wir uns von Gott beauftragt, „die Welt besser zu verlassen, als wir sie vorgefunden haben“, wie der Gründer der Pfadfinderbewegung Baden-Powell es beschrieben hat.
Auf diesem Weg zu einer „besseren Welt“ ist uns die frohe Botschaft Jesu Christi Orientierungshilfe – sowohl für den Einzelnen, als auch für den Verband. Ähnlich wie wir Pfadfinderinnen und Pfadfinder anhand von Karte und Kompass unterwegs überprüfen, ob wir noch auf dem richtigen Weg sind, hilft uns die ständige Auseinandersetzung mit der christlichen Botschaft, unser Handeln stets neu auszurichten.

Menschenwürde als Grundhaltung
Ausgehend davon, dass jeder Mensch – unabhängig von Geschlecht, Religion, sozialer Stellung und Nationalität – von Gott geschaffen und sein Ebenbild ist, ist die Würde des Menschen Grundlage unseres Handelns.
Jede und jeder erhält den Auftrag, die Welt bewahrend zu regieren (vgl. Genesis 1,1-2,24). Damit gibt Gott jedem Menschen eine große Verantwortung, aber auch eine große Achtung und Wertschätzung. Sich für gleiche Rechte für alle Menschen einzusetzen, ist für Pfadfinderinnen und Pfadfinder selbstverständlich.

Einsatz für den Frieden 
Diese Grundhaltung findet Ausdruck in unserem Verständnis als Friedensbewegung. So pflegen wir Partnerschaften mit Pfadfinderverbänden in der ganzen Welt. Jugendliche lernen in den internationalen Begegnungen, vorurteilsfrei und respektvoll anderen Menschen unabhängig ihres Glaubens, Herkunft und Kultur zu begegnen. Die Botschaft Jesu trägt uns in vielfältiger Weise den Einsatz für den Frieden auf (vgl. Mt 5,43-48; Joh 13,34).
Wir folgen damit der Idee Baden-Powells: Wenn Jugendliche sich über Ländergrenzen hinweg kennenlernen und Freundschaften schließen, ist dies die wirksamste Methode, um Kriege zu verhindern und Frieden zu sichern.
Engagement für Gerechtigkeit und Frieden fängt aber auch im Alltag und Zuhause an. In unserer wöchentlichen Gruppenarbeit setzen sich unsere Mitglieder alltäglich für Frieden und Gerechtigkeit ein. Dies zeigt beispielsweise die große Beteiligung an der 72h-Sozialaktion, an der Nachhaltigkeits-Aktion „Marmelade für alle” oder dem Weltkindertag.
Einsatz für den Frieden ist vielfältig und drückt sich für uns Pfadfinderinnen und Pfadfinder im Einsatz für soziale und Geschlechtergerechtigkeit ebenso aus, wie in der lebendigen Beziehung zueinander. Auf diese Weise bauen wir am Reich Gottes mit.

Einsatz für die Schöpfung 
Als Christinnen und Christen betrachten wir die Welt als Gottes gute Schöpfung. Dennoch sind wir Menschen unserer Verantwortung dafür häufig nicht gerecht geworden. Die massiven Umweltzerstörungen und der Klimawandel sind Folgen von unverantwortlichem und egoistischem Handeln. Wir sind uns bewusst, dass eine Wende im Umwelt- und Klimaschutz nur durch eine neue nachhaltige Haltung gegenüber der Schöpfung möglich ist um eine friedliche Lebensgrundlage für zukünftige Generationen zu schaffen. Als Pfadfinderinnen und Pfadfinder wollen wir uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten dafür einsetzen. Durch vielfältige Angebote, Aktionen und Arbeitshilfen ermöglichen wir unseren Mitgliedern eine Auseinandersetzung mit den Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz und regen zur Verhaltensänderung an. Mit unseren eigenen Veranstaltungen wollen wir Beispiel geben und achten bei der Durchführung auf die Umsetzung von fairen und ökologischen Standards.

Den Glauben für sich entdecken 
Uns ist es wichtig, dass unsere Mitglieder die spirituelle Dimension des christlichen Glaubens entdecken. Der Glaube ist ein Geschenk, das wir Kindern und Jugendlichen anbieten. Mit dem Glauben an Gott bekommen sie ein großes Stück Geborgenheit vermittelt. Sie erfahren, dass Gott sie in seiner Hand hält und ihnen seinen Beistand zusichert. Dabei wollen wir Kindern und Jugendlichen den Raum lassen, ihre Fragen zu stellen, selbst nach Antworten zu suchen und ihren eigenen Weg zu Gott und dem christlichen Glauben zu finden. Das Entdecken des eigenen Glaubens ist wie das Unterwegssein in der Natur: Manche Wegstrecke geht man mit anderen gemeinsam, manche Abschnitte lässt man sich gerne führen, dann möchte man ein Stück alleine gehen oder auch abseits der Wege seinen Pfad suchen. Wer unterwegs ist, braucht auch mal eine Pause, mancher verirrt sich, geht wieder ein Stück zurück oder einen Weg ein zweites Mal.
Wichtig ist, dass die Kinder und Jugendlichen erfahren, dass sie dabei nicht alleine sind und ihre eigene Spiritualität finden dürfen.

Pfadfinderinnen und Pfadfinder leben Ökumene
Der gemeinsame Glaube gibt uns die gleichen Ziele und Tätigkeitsfelder vor. Dabei arbeiten wir nicht nur nebeneinander her, sondern befinden uns über unsere gemeinsame Arbeit im Ring deutscher Pfadfinderverbände im regen Austausch. In verschiedenen Projekten arbeiten wir ökumenisch zusammen.

Friedenslicht aus Bethlehem
In der Aktion Friedenslicht, einer gemeinsamen ökumenisch getragenen Aktion der Pfadfinderverbände, wird das in der Geburtsgrotte Jesu entzündete Licht als Zeichen des Friedens und der Versöhnung nahezu in der ganzen Welt verteilt. Pfadfinderinnen und Pfadfinder nehmen das Licht in Wien entgegen und verteilen es in ihren Städten, Regionen und Gemeinden in gemeinsamen, ökumenischen Aussendungsgottesdiensten an alle Menschen guten Willens.

Einsatz für Geflüchtete
Auch in der Arbeit mit Geflüchteten sehen wir als christliche Verbände einen gemeinsamen Arbeitsauftrag. Viele Stämme beider Verbände unterstützen Menschen, die bei uns Zuflucht suchen, mit Beschäftigungsangeboten für Kinder und Jugendliche, Sprachkursen oder Sammelaktionen für grundlegende Ausstattung. Es ist uns ein Anliegen, Geflüchtete willkommen zu heißen und sie bei ihrem Neuanfang zu begleiten. Weiter geht es darum, sie zu integrieren und ihnen eine Perspektive zu geben.

Mehr Ökumene wagen
Als christliche Pfadfinderverbände begrüßen wir das gemeinsame Wort zum Jahr 2017 „Erinnerung heilen – Jesus Christus bezeugen“ der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) als einen weiteren richtigen Schritt zur Bekräftigung und Stärkung der Ökumene. Gleichzeitig möchten wir darauf aufmerksam machen, dass das gemeinsame Wort aus unserer Sicht, insbesondere mit dem Fokus unserer überwiegend jugendlichen Mitglieder, nicht weit genug geht.
Die heutigen Kinder und Jugendlichen haben die darin beschriebenen Verletzungen, Kränkungen und Abgrenzungsbemühungen nicht erfahren. Für sie ist ein ökumenisches Miteinander inzwischen selbstverständlich. Sie erleben eher mit Unverständnis und Bedauern, dass dieses Selbstverständnis in ihren Mutterkirchen noch nicht angekommen ist und sie Grenzen im gemeinsamen Handeln und Leben aufgezeigt bekommen, die sie nicht nachvollziehen können.
Wir appellieren daher an die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche Deutschlands den eingeschlagenen Weg zur Ökumene unbeirrt weiter zu gehen und bestehende Trennungen aus dem Weg zu räumen. Das gemeinsame Pfadfinden kann hier gute und wertvolle Impulse liefern.

Herausforderungen gemeinsam annehmen
Unsere Zeit ist von großen Herausforderungen geprägt: Armut und Ungerechtigkeit, Diskriminierung und Hass, Politikverdrossenheit und Populismus, Umweltzerstörung und Klimawandel – um nur einige zu nennen.
Als Christinnen und Christen sind wir durch die biblische Botschaft beauftragt, uns dieser Herausforderungen anzunehmen. Wir brauchen alle Ideen und allen Mut, die wir aufbringen können, um sie zu bewältigen. Deshalb ist es unerlässlich, dass wir Christinnen und Christen uns unabhängig unserer Konfession zusammentun und wir uns gemeinsam den Aufgaben stellen. Um eine Veränderung zu erreichen, müssen wir mit unserer Botschaft auch gehört werden. Wir erleben, dass unsere Gesellschaft zunehmend säkularisiert. Kirchen und ihre Botschaft des Evangeliums Jesu Christus scheinen den Menschen mehr und mehr fremd zu werden. Gleichzeitig beobachten wir, dass in unserer Zeit mit dem rasanten gesellschaftlichen und technologischen Wandel nach Orientierung gefragt wird.
Die christliche Botschaft hat etwas zu sagen. Es ist wichtig, sie hörbar und erlebbar zu machen und durch das Leben zu bezeugen. Das ist Anliegen unserer Verbände. Dies erreichen wir in ökumenischer Verbundenheit eher als im konfessionellen Alleingang.

Den eingeschlagenen Weg weiter gehen
Wir brauchen mehr Ökumene, damit unsere Kinder und Jugendlichen die Botschaft ihrer Kirchen glaubwürdig spüren und ermutigt werden, den Weg Jesus zu gehen. Das Aufzeigen von Trennenden und Grenzen irritiert und führt zu einer Distanzierung von Kirche.
Wir freuen uns deshalb, dass die Deutsche Bischofskonferenz und die Evangelische Kirche Deutschlands in ihrem gemeinsamen Wort das Ziel formuliert, „auf dem ökumenischen Weg geduldig und zielstrebig weiterzugehen, damit die Einheit unter uns weiter wächst und Abendmahls– und Eucharistiegemeinschaft möglich wird“.

Unser Beitrag zur Ökumene
Wir sind uns bewusst, dass wir selbst für eine Stärkung der Ökumene mitverantwortlich sind. Deshalb rufen wir unsere Mitglieder auf, die Ökumene im Pfadfinden durch gegenseitiges Kennenlernen und gemeinsames Handeln weiter zu stärken und dadurch den ökumenischen Weg unserer Kirchen weiter voranzubringen.

Die Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) und der Verband Christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder (VCP) sind die beiden größten christlichen Pfadfinderinnen- und Pfadfinderverbände. Gemeinsam erreichen sie mit ihren Angeboten wöchentlich mehr als 142 000 Kinder und Jugendliche. Durch ihre Mitgliedschaften im Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und in der Arbeitsgemeinschaft evangelischer Jugend in Deutschland (aej) sind DPSG und VCP Teil der Katholischen Kirche in Deutschland bzw. der Evangelischen Kirche in Deutschland. Beide Verbände sind Mitglied in den Ringen Deutscher Pfadfinderinnen- und Pfadfinderverbände (rdp).

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