Überall Katzen und Pfadis – ein Bericht über die Academy

Von Peter Krinke

Von Basel nach München, von München nach Wien, von Wien nach Larnaca. So lautet mein wenig ansprechender Reiseplan. Er beginnt auch schon mitten in der Nacht. Immerhin: Alles verläuft reibungslos. Selbst das Gepäck schafft es mit nach Zypern und das können nicht alle Academy-Teilnehmerinnen und -teilnehmer behaupten, wie sich bald herausstellen wird.

Pfadfinden ist doch durch mehr als ein gemeinsames Hobby

Auf Zypern geht’s dann direkt ins Hotel. Dieses stellt sich als relativ weitläufig heraus – und direkt am Strand gelegen ist es auch noch. Gar nicht so einfach, da den Überblick über alle Pfadis zu behalten. Aber es dauert keine 5 Minuten, bis man in Kontakt kommt (zugegeben, die vielen herumstreunenden Katzen waren noch schneller). Das erste Mal also auf Englisch erzählen, was man so tut im VCP. Was der VCP ist. Wie sich das mit den anderen Ringeverbänden in Deutschland verhält.

Fragen, die man noch unzählige Male während der kurzen Academy-Zeit beantwortet, ohne aber irgendwann genervt und der Sache überdrüssig zu sein. Eins zieht sich durch die ganze Veranstaltung: Man kann mit allen unglaublich leicht ins Gespräch. Alle sind sehr offen und man spürt schnell, dass wir als Pfadfinderinnen und Pfadfinder eben doch durch mehr verbunden sind als durch ein gemeinsames Hobby.

Es wird allerdings auch schnell klar, dass Pfadfinden ganz schön kompliziert ist. Die Struktur des VCP allein ist gar nicht so leicht zu beschreiben. Aber auch, was den speziellen Charakter unseres Verbandes ausmacht. Immer wieder kommt das Thema auch auf die Dinge, die am Pfadfinden so faszinierend sind. Und hier kommen dann auch die Schulungseinheiten ins Spiel.

Strategieentwicklung – endlich greifbar

Jeden Tag gibt es zwei „Sessions“, eine am Vormittag, eine am späten Nachmittag. Drei Stunden, plus Kaffeepause dazwischen. Die Inhalte gliedern sich in drei Bereiche. Aber allen steht frei, sich die Themen auszusuchen. Ich wühle mich durch und besuche aus allen Bereichen Sessions, die aus meiner Sicht den größten Nutzen für mich haben. Es fängt mit Strategieentwicklung an. Das ist ein Thema, das auch auf Bundesebene im VCP schon besprochen wurde, aber für mich nie ganz greifbar wurde. Während der Sitzung fällt bei mir der Groschen und mir wird klar, wie wichtig es ist, eine Vision zu entwickeln, auf die man dann hinarbeiten kann. Und dass ganz verschiedene Organisationen so eine Vision brauchen und sie auch haben. Später gibt es noch eine Nachfolgesitzung, in der das Thema anhand eines Fallbeispiels erprobt und vertieft wird.

Kreativität fördern und entwickeln, Mitgliederschwund verhindern und Nachfolgemanagement folgen im Laufe der Woche; das Leadership-Modell von WOSM, die Qualitätstests, die WOSM und WAGGGS nutzen. Es sind so viele wichtige Themen, dass ich anschließend kaum weiß, welches ich zuerst anpacken und umsetzen will. Beim Einordnen und Reflektieren helfen die sogenannten „Peer Groups“, das sind feste Kleingruppen, die nach Aufgabengebieten sortiert sind und sich jeden Abend treffen.

Eröffnungsabend mit Experimenten

Nach den ersten Einheiten findet der Eröffnungsabend statt. Mit einigen kurzen Reden werden wir auf Zypern begrüßt und auf die Academy eingestimmt. Dann spielt eine Band experimentelle Musik. Auf ein wirklich seltsames (aber dennoch schönes) Lied folgt eines, bei der ein Bandmitglied auf einer Karotte (!) spielt. Als die Band danach diverse bekannte Klassiker spielt, schwingt die Stimmung von gespannter Erwartung auf Partylaune um und die Pfadis räumen kurzerhand die Stühle weg, um den Saal zur Tanzfläche zu machen.

Auch an den anderen Abenden gibt es Programm. Bei einem internationalen Abend präsentieren die Länder Informationen und Wissenswertes aus ihren Verbänden, werben für Veranstaltungen und präsentieren landestypische Gerichte, Süßigkeiten und Getränke. Anderntags besuchen wir zypriotische Seepfadfinder und werden von ihnen bekocht. Danach präsentiert eine Trachtengruppe traditionelle Hochzeitsmusik und-tanz.

Am Abschlussabend sind wir in den Hof einer alten Festung in Larnaka eingeladen. Es folgt der Dank an die vielen Menschen, die zum Gelingen der Academy beigetragen haben. Ein Pfadi-Orchester spielt, eine Tanzgruppe zeigt lokale Volkstänze und der Präsident des Parlaments von Zypern hält eine Rede über Zusammenhalt und den Beitrag zum Frieden, den Pfadfinderinnen und Pfadfinder leisten. Ich bin sicher nicht der Einzige, der an den Zypernkonflikt denken muss. An eine geteilte Insel, die jede Moderation und jeden Beitrag zur Verständigung gut gebrauchen kann. Und gerade während der Abschlusszeremonie ist wieder ein Schiff nach Zypern unterwegs mit Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind, berichtet der Parlamentspräsident. Eine Tragödie, die im Alltag in Deutschland nach wie vor oft weit weg ist, hier aber nicht nur geografisch ganz nahe rückt. Es macht nachdenklich, hier mit so vielen Menschen aus ganz Europa zu sitzen, und vor Augen geführt zu bekommen, dass eben längst nicht alle Grenzen offen sind und dass nicht weit vom idyllischen Zypern Menschen um ihr Leben kämpfen. Und dass all die Dinge, die man in den vergangenen Tagen gelernt hat, in der Pfadfinderbewegung einen starken Alltagsbezug haben und brauchen.

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