Vorsicht: viele fiese Fettnäpfchen

Von Philipp von Stockhausen

Ganz schön gemein, wenn man die Sprache nicht versteht. Aber in Japan kann man noch ganz andere Sachen nicht verstehen. Es gibt viele Fettnäpfchen, in die man treten kann, ohne es zu merken.

Und Vorsicht – da ist schon eines: In Japan wird man nämlich nicht so wie in Deutschland darauf hingewiesen, dass man etwas falsch gemacht hat. Das ist aber nicht gemein, sondern höflich gemeint. Sonst würde man sich als Gast ja schämen, weil man etwas falsch gemacht hat, und das möchten die japanischen Gastgeber auch nicht. Also: Merkt euch ein paar wichtige Verhaltensregeln und passt genau auf, wie euer Gegenüber reagiert.

Nein sagen ist unhöflich

Wenn ihr etwas fragt und euer Gesprächspartner still wird und nach einer Pause sagt: „Das ist etwas schwierig, was du da fragst…“. Für japanische Verhältnisse ist das eine sehr deutliche Antwort. Und die heißt: Nein! Nur ausgesprochen wird das eben nicht, weil es unhöflich ist.

Das klingt kompliziert, aber es ist leichter zu verstehen, als man denkt. Die wichtigste Frage im Gespräch und bei einer Begegnung ist: Wie sorge ich dafür, dass ich oder mein Gegenüber nicht das Gesicht verliert und sich schämen muss?

Das kann fiese Folgen haben. Wenn ich nach dem Weg frage und der Mann, den ich frage, weiß es nicht, dann wird es schwierig. Sagt er: „Ich weiß es nicht“, dann habe ich eine Frage gestellt, die er nicht beantworten kann und er schämt sich, dass er es nicht weiß. Also antwortet er: „Sie müssen hier gerade aus und dann um die Ecke nach links und da fragen Sie dann nochmal“.
So muss er sich nicht schämen, weil er es nicht wusste. So macht man das in Japan. Für mich kann das natürlich doof sein, weil ich in die falsche Richtung gehe.

Links gehen, rechts stehen… oder andersrum

Gehen oder stehen, das ist auch so etwas, das in Japan nicht ganz einfach ist. Es gibt dort nämlich Linksverkehr so wie in Großbritannien, aber nicht nur auf der Straße, sondern auch auf dem Bürgersteig oder der Rolltreppe. Also links gehen und rechts stehen. Anfangs ungewohnt, aber das kriegt man hin. Das Gemeine ist, dass das aber nicht überall in Japan so ist. Wenn die Jamboree- Fahrerinnen und Fahrer in Tokio landen, dann gilt diese Regel, aber ein paar fliegen ja von Osaka wieder zurück, da gilt auf der Rolltreppe dann rechts gehen und links stehen. Das ist etwas durcheinander und selbst den Menschen in Japan ist nicht klar, wo das eigentlich herkommt.

Andere Dinge sind aber ganz klar in Japan: Die Nase läuft? Taschentuch raus und torööö?! Das geht gar nicht. Nase putzen in der Öffentlichkeit – niemals. Lieber die Nase immer wieder hochziehen, solange bis man sich irgendwohin zurückziehen kann und dort ungestört die Nase putzen kann.
Nase putzen gilt nämlich als laut, störend und vor allem als unrein. Wenn ich mir die Nase putze, dann könnte ich andere dreckig machen (und vielleicht sogar anstecken). Deshalb gibt es viele Menschen, die einen Mundschutz wie im Krankenhaus tragen, wenn sie erkältet sind.

Waschen ist wichtig

Japan_BaderegelnBei den Themen „Schmutz und Sauberkeit“, da wartet nicht nur ein Fettnäpfchen, da wartet sogar eine ganze Fett-Badewanne.

Baden ist in Japan sehr wichtig. Aber nicht, um sauber zu werden, sondern das zelebriert man, um sich zu entspannen. Wenn ich in ein japanisches Bad komme, dann finde ich da nicht nur eine große und mit heißem Wasser gefüllte Badewanne, sondern auch daneben einen Wasserhahn mit Dusche auf Kniehöhe. Da setze ich mich dann auf einen kleinen Hocker, nehme Wasser in eine kleine Plastikschüssel, gieße sie mir über den Kopf und seife mich ein, am besten zweimal, bis ich ganz sauber und rein bin. Und dann geht es zur Entspannung in die heiße Badewanne, aber ohne Schaum, sonst kann ja der oder die nächste sich nicht im Wasser entspannen.

In manchen Häusern, besonders in den alten, gibt es aber gar kein Bad, da geht man dann in ein öffentliches Bad in der Nachbarschaft. Diese Sento sind nicht teuer. Es gibt mehrere Waschplätze und verschiedene Becken mit heißem Wasser, manchmal auch eine Sauna. Das ist ein bisschen wie bei uns die Duschen in einer Umkleidekabine.

Doch nicht alle Menschen dürfen in ein solches öffentliches Bad gehen. Wer ein Tattoo hat, muss oft draußen bleiben. Große Schilder weisen darauf schon vor der Tür hin.

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In Japan sind Tattoos nämlich nicht einfach nur schick, sondern sie werden vor allem von der japanischen Mafia getragen, der Yakuza. Das sind dann keine kleine Herzen in rot oder Anker in blau, sondern große, bunte Bilder, die über den ganzen Körper reichen. Da guckt dann ein teuflischer Dämon oder lacht ein Buddha mit feurigen Haaren. Diese Bilder sollen die Kraft und die Stärke des Trägers, aber auch seiner Gruppe zeigen. Und wie gemein er werden kann.

Und weil die Yakuza so gemein werden kann, dürfen ihre Mitglieder und alle anderen Menschen mit Tattoos nicht in ein öffentliches Bad gehen. Sonst können sich die anderen Menschen dort nicht entspannen.

Buchecke

Martin Lutterjohann: Reise Know-How KulturSchock Japan,
Peter Rump Verlag, Bielefeld, 11. Neu bearbeitete Auflage 2015

Kerstin Fels, Andreas Fels: Fettnäpfchenführer Japan: Die Axt im Chrysanthemenwald, Conbook Medien, 2014

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