Plädoyer für die Sehnsucht nach Wärme

Im November wehte Sturmtief „Heini“ die ersten Weihnachtsbäume auf den, damals noch geschlossenen Weihnachtsmärkten um. Eine symbolische Geste vom Wettergott? Was mag er von dem Weihnachtstrubel halten? Wohl nicht allzu viel.

Lebkuchen und Dominosteine stehen schon seit September in den Regalen. Die Keller der Deutschen müssen immense Ausmaße haben, wenn man beobachtet, wie Spekulatius und Co. palettenweise aus den Läden geschoben werden. Für schlechte Zeiten? Ist die Vorweihnachtszeit schlecht? Kommt auf das Timing an. Ganz unrecht hat die Evangelische Kirche nicht, wenn sie Jahr für Jahr die Losung ausgibt: Advent ist im Dezember.

Weihnachtsmärkte haben bei uns eine lange Tradition: Bei Wind, Schneeregen und Temperaturen um den Gefrierpunkt ist es dort besonders schön und heimelig. Die Nässe kriecht in die Socken. Man muss zwanzig Minuten auf einen überteuerten Glühwein in einer schaurig-hässlichen Tasse warten. Dieser möchtegern-esoterische Geruchsmix aus Kräuterbonbons und Räucherstäbchen sorgt für Kopfschmerzen. Ein Schubs vom Hintermann, schon hat sich der Glühwein auf den eigenen Mantel verteilt. Der weiße Strickschal hat ein schlüpferfarbenes Rosa angenommen. Auf dem Karussell schreit ein Kind auf dem Schoß seines Vaters, der selbst keinen besonders glücklichen Eindruck macht. Aus den Lautsprechern dringt „Es schneit“ von Rolf Zuckowski. Weihnachtszeit! Wie schön es ist, sich mit hunderten von Menschen durch die engen Gassen an Holzbuden vorbei zu schieben. Hier fair gehandelte Mützen aus Alpakafell, dort überteuerte Holzsschnitzereien aus dem Erzgebirge suggerieren Wärme auf Abruf.

Auf der Bühne singt ein Kinderchor schräg „White Christmas“, völlig ahnungslos, wie sinnbefreit der Text eigentlich ist. Hier träumt niemand von weißer Weihnacht. In Wahrheit träumen alle vom heimischen Sofa, Kaminfeuer und einer dicken Wolldecke.

Geborgenheit gibt es in der Weihnachtszeit fast nirgends, am wenigsten auf den Straßen. Man muss in all der Hektik einfach mal ein paar Gänge zurück schalten. Wir Pfadis tun das seit vielen Jahren bei Friedenslicht und Waldweihnacht. Schlichte Feiern mit Besinnlichkeit, Kerzenlicht, Liedern und Nähe. Wärme auf unsere Art. Prototypen lauschiger Vorweihnachtsaktionen? Soweit muss man nicht gehen. Aber die besondere Atmosphäre bekommt kein Weihnachtsmarkt so hin, da sind wir ungeschlagen. Eine frohe Adventszeit!

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