Der Duft von Weihrauch und Myrrhe

Dufte duftende Geschenke für das Jesuskind?

von Andreas Witt

Als sie [die Weisen aus dem Morgenland] den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Mt 2, 10–11

Waren Gold, Weihrauch und Myrrhe passende Ge schenke zur Geburt des Jesuskindes – oder hätten – Maria und Josef nicht etwas Gutes zu essen viel besser gebrauchen können? Gold, Weihrauch und Myrrhe sind Geschenke von großer symbolischer Bedeutung: Gold steht für das Königliche, Weihrauch für das Göttliche und Myrrhe für das Sterbliche, das Menschliche. Dabei entfalten Weihrauch und Myrrhe ihre symbolische Strahlkraft durch ihren besonderen Duft – insbesondere, wenn sie verbrannt werden.

Weihrauch- und Myrrhebäume wachsen etwa im Süden des heutigen Saudi-Arabien. Zur Zeit Jesu wurden deren wertvolle Baumharze von dort mit Kamelkarawanen an die Mittelmeerküste transportiert.

Myrrhe wird aus der Rinde des Myrrhebaumes, einer Art des Balsambaumes gewonnen. Der wohlriechende Rindensaft kristallisiert beim Trocknen zu durchsichtigen, weißlichen bis rötlichen Körnern.

Myrrhe diente in der Antike aber nicht nur als Räucherwerk, sondern auch als beliebtes kosmetisches Mittel, etwa in Salb- ölen (Rezept für Salböl auf S. 7).

Ferner wurde die medizinische Wirkung der Myrrhe geschätzt: Sie diente auch als Betäubungsmittel, weshalb man (nach Mk. 15, 23) Jesus direkt vor der Kreuzigung „Myrrhe in Wein“ zur Schmerzlinderung anbot, was Jesus aber ablehnte. Auch zum Einbalsamieren von Leichen wurde Myrrhe verwendet – und so weist das Geschenk Myrrhe symbolisch auf das Leiden und den Tod Jesu sowie dessen sterbliche, also menschliche Natur hin.

Weihrauch, das kristallisierte Baumharz der strauchartigen Weihrauchbäume, galt in der gesamten antiken Welt als Gottesduft. Wenn der Rauch der verbrennenden Weihrauchkörnchen in den Himmel aufstieg, nahmen die Menschen diesen Duft als Hauch einer göttlichen Kraft wahr, die man unmittelbar erschnuppern und riechen konnte. Deswegen deutet das Geschenk Weihrauch auf die Gottessohnschaft Jesu hin.

Leopold ließ den Schinken vor die Krippe fallen. Es war komisch, einen Schinken dort zu sehen, wo sonst unsere Badesalz-Luxusflaschen standen, die immer als Myrrhe und Weihrauch verwandt wurden […]. Ich fand, dass die Herdmanns […] das Krippenspiel um vieles verbessert hatten, indem sie einfach das taten, was ihnen logisch erschien.

Zum Beispiel, dass sie […] einen Schinken für ein besseres Geschenk hielten als eine Menge parfümierter Öle.
Barbara Robinson (Hrsg.): Hilfe, die Herdmanns kommen. Hamburg 1974, S. 90 f

Übrigens haben die ersten christlichen Gemeinden in ihren Gottesdiensten bewusst auf Weihrauch verzichtet, um sich abzugrenzen – zum Beispiel vom römischen Kaiserkult. Denn auch die Römer huldigten ihrer gottgleichen Herrscher mit Weihrauch.

Erst zu der Zeit, als das Christentum Staatsreligion wurde, fand Weihrauch in der christlichen Liturgie Verwendung. Weihrauch und das Weihrauchgefäß wurden regelrecht zum Symbol für Christus selbst hochstilisiert, da es „allen überweltlichen und alles kreatürliche übertreffenden Duft in sich trägt und mit ihm das All erfüllt“, wie Kyrill (412–444 n. Chr.), der Bischof von Alexandrien dies formulierte. Bis heute erfüllt Weihrauchduft die Gottesdienstluft, allerdings nur in katholischen und orthodoxen Kirchen. Denn Martin Luther und die Reformatoren verbannten Weihrauch aus der protestantischen Gottesdienstliturgie.

Waren die symbolträchtigen Geschenke Gold, Weihrauch und Myrrhe jetzt passende Geburtsgeschenke, oder wäre etwas Gutes zu essen nicht angebrachter gewesen? Auf eine ähnliche Frage gibt Jesus in der Geschichte der „Salbung von Bethanien“ (Mt 26, 6–13) selbst eine Antwort: Eine Frau salbte Jesus kurz vor seiner Verhaftung mit einem kostbaren, wohlriechenden Salböl, worauf die Jünger diese Frau der Verschwendung bezichtigten. Denn sie meinten, dass es besser gewesen wäre, dieses Öl zu verkaufen und das Geld den Armen zu geben. Jesus aber verteidigte die Frau und ihr zeichenhaftes Handeln mit den Worten: „Was betrübt ihr die Frau? Sie hat ein gutes Werk an mir getan. […] Dass sie das Öl auf meinen Leib gegossen hat, das hat sie für mein Begräbnis getan!“ (Mt 26, 10 und 12).

Wie werden wohl deine Weihnachtsgeschenke riechen?

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