*Argumentationshilfe für gendergerechte Sprache*

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Es gibt einige Argumente, die immer wieder gegen das Gender-Sternchen oder gendergerechte Sprache vorgebracht werden – hier eine Argumentationshilfe für euch.

Diese geschlechtergerechte Sprache macht Texte lang, die Formen sind alle total kompliziert und es ist anstrengend…

Es kommt immer auf die Position an! Für wen ist es denn kompliziert und zu lang? Wer aber findet die Formen genau richtig und hat das Gefühl, zum ersten Mal angesprochen zu sein? Für Personen, die durch kurze Formen diskriminiert werden, kann die Ausdrucksform gar nicht lang genug sein. Sie werden wahrgenommen, sind angesprochen und anwesend. Länge oder Komplexität ist kein Argument, wenn es um Antidiskriminierung geht.

 

Was kann und darf ich denn überhaupt noch schreiben??

Sei kreativ! Sei kritisch! Möglichst viele neue kreative, herausfordernde Sprachformen kann ich schreiben! Es gibt keine festgelegten, dauerhaften Regeln, keine Eindeutigkeiten, sondern die Möglichkeit, sich immer wieder über die Auswirkungen des eigenen Sprachgebrauchs bewusst zu werden, kontinuierlich und in jeder Situation.

Du kannst dir sicher sein, dass du etwas über dich und deinen Sprachgebrauch lernen kannst!

 

Ich brauche keine geschlechtergerechte Sprache. Ich fühle mich auch bei männlichen Formen mitgemeint, ich habe kein Problem damit.

Alle aktuellen Studien zum Einfluss von Sprache auf die Wahrnehmung zeigen, dass wenn nur die männliche Form genannt wird, zuerst männliche Personen assoziiert werden und zwar durchgängig und unabhängig von anderen Geschlechterstereotypen. Nicht nur bei prototypisch männlichen Berufen hatten die Mitwirkenden der Studien Männer vor Augen – und das unabhängig von ihrem eigenen Gender-Selbstverständnis. Auch bei sogenannten ‚Frauenberufen‘ wurden Männer assoziiert. Es ist also keineswegs so, dass Frauen mitgedacht werden.

Mach doch einfach mal den Test: Was für ein Bild ergibt sich bei „Sozialarbeiter“ oder „Arzt“ in deinem Kopf?

Kusterle, Karin: Die Macht von Sprachformen: der Zusammenhang von Sprache, Denken und Genderwahrnehmung. Frankfurt a. M.: Brandes & Apsel, 2011.

 

Warum beschäftigt ihr euch denn mit so Gender-Gedöns? Habt ihr sonst nichts zu tun und keine Probleme?

Doch, es gibt viele Felder struktureller Diskriminierungen. Und dass sprachliche Handlungen in vielen Diskussionen als ‚nicht so wichtig ‘ runtergespielt werden, ist ein Grund, der strukturelle Diskriminierung so stark aufrecht erhält. Denn sprachliche Benennung schafft Wahrnehmbarkeiten. Diese werden dann in Handlungen umgesetzt.

Vor allem aber: Es geht hier um einen respektvollen, reflektierten und verantwortungsvollen Umgang mit eigenen Sprachhandlungen, ein Hinspüren und aktives Zuhören der Wünsche und Bedürfnisse anderer, und nicht darum, ‚Beweise’ zu finden, dass Sprachhandlungen diskriminierend sind.

Und außerdem: Wenn also eine durch Sexismus/Genderismus privilegierte Person eine antigenderistische Sprachform kompliziert oder unverständlich findet, so könnte dies ein spannender Impuls sein, über eigene Normen und unreflektierte Privilegierungen …

 

Ist es schlimm, wenn ich das gendergerechte Sprechen mal vergesse?

Nein. Der Wortschatz ändert sich nicht von heute auf morgen, aber wenn du zeigst, dass du es versuchst und dich z.B. berichtigst, dann werden diejenigen, die sich mit dem * identifizieren das ok und auch gut finden. Keine Angst, die meisten haben da Veständnis 🙂

 

Das ist ein feststehender Begriff, den kann ich doch nicht einfach so verändern! Es steht so im ‚Duden‘ und auch bei ‚Google‘ finde ich es so.

Die Produkte und Wortsammlungen von ‚Duden‘ und ‚Google‘ sind nicht einfach schon da, sondern sind lebendig und werden je nach Sprachgebrauch immer wieder aktualisiert. Wenn nicht herausgefordert und infrage gestellt wird, können diskriminierende Handlungen und Denkweisen durch die Beibehaltung sogenannter ‚feststehender‘ Begriffe machtvoll und ungebrochen wiederholt werden.

 

Das geht mich doch alles gar nichts an. Weshalb sollte ich meine Sprachhandlungen ändern?

Letztendlich entscheiden alle für sich selbst, wie sie sprechen, schreiben, sprachhandeln möchten. Genauso wie sie selbst entscheiden, wie weit sie sich mit Diskriminierung beschäftigen und Verantwortung dafür übernehmen. Ich kann überlegen, ob ich bereit bin, mich selbst, gesellschaftliche Verhältnisse, bestimmte Situationen zu reflektieren und kritisch zu hinterfragen.

Sicher ist, dass wir immer handeln und uns darum Sachen etwas angehen. Wir bestimmen Umstände und Verhältnisse mit, egal ob wir aktiv eingreifen oder lieber schweigend zusehen.  Nur weil ich nicht merke, wie meine Privilegien darauf basieren, dass andere diskriminiert werden, heißt es nicht, dass ich als privilegierte Person nicht genauso involviert bin. Diskriminierungen sind nicht vor allem Angelegenheit von den Menschen, die diskriminiert werden, sondern eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung.

 

Das geht grammatikalisch gar nicht!

Es geht hier um Menschen, wie diese sich anwesend fühlen, wie sie benannt werden wollen. Das sollte auf der Werteskala höher stehen als Grammatik. Und Sprache lebt, kann also auch geändert werden. Schön wenn ‚Grammatik‘ sich dem Leben anpasst und es nicht diskriminierend verhindert.

Sieht der VCP nur noch Sterne?

Quelle: Sprachleitfaden der Humboldt-Universität „Was tun? Sprachhandeln – aber wie? W_ortungen statt Tatenlosigkeit!“

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