Pe•tri•chor [‚pεtɹIkɚ]

Foto: Roman HeimhuberFoto: Roman Heimhuber

Becci Haugwitz erklärt, warum wir Wetter riechen können

Es ist ein warmer Sommertag. Ihr wandert gerade einen sandigen Feldweg entlang, als der Himmel allmählich grau zuzieht und Tropfen beginnen, auf die Erde zu prasseln. Ein ganz besonderer Geruch steigt euch in die Nase, der Duft von Regen, der auf die trockene Erde um euch fällt … – In diese Situation werden sich viele von euch hineinversetzen können. Eventuell steigt euch auch gleich dieses unverwechselbare Aroma in die Nase. Wusstet ihr, dass es dafür einen Namen gibt? Er lautet „petrichor“, was sich aus den griechischen Worten „πέτρα“ (petra – Stein) und „ἰχώρ“ (ichor – die Flüssigkeit, die in den Adern der griechischen Götter fließt) zusammensetzt und in den 1960er Jahren von zwei australischen Forschern geprägt wurde. Damit gaben sie auch schon einen Hinweis darauf, was es denn mit diesem Geruch auf sich hat. Und zwar handelt es sich dabei um eine Mischung aus ätherischen Ölen, Steinstaub und dem Stoff Geosmin. Die ätherischen Öle stammen von Pflanzen, die sie abgesondert haben und die sich als dünner Film um Halme und Blätter gelegt haben. Der Steinstaub ist an trockenen Tagen natürlich allgegenwärtig. Und Geosmin ist ein Duftstoff, der von bestimmten Bakterien produziert wird, die im Boden leben. Wenn sich die Luftfeuchtigkeit kurz vor einem Regenguss erhöht, werden diese Bakterien besonders angeregt und sie produzieren einen noch intensiveren Geruch. Fallen nun Regentropfen mit hoher Geschwindigkeit auf die Erde, werden diese drei Duftkomponenten aufgewirbelt und verbreiten in der Luft das markante Aroma.

Wieder zurück zu eurer Wanderung. Der Himmel wird zunehmend düsterer und ihr nehmt eine drückende Spannung in der Luft wahr. In der Ferne hört ihr ein Grollen, dass immer näher heranzurollen scheint. Schon zucken die ersten Blitze über den Himmel. Der Regenguss wird immer heftiger. Doch so schnell, wie dieses Sommergewitter gekommen ist, ist es auch schon wieder vorbei. Der Himmel klart auf, die Sonne kitzelt schon wieder eure Nasen – oder kitzelt da etwas anderes? Ein neuer Geruch hängt in der Luft, auch ihn habt ihr schon häufiger bemerkt. Leider hat er keinen so schönen, mysteriösen Namen wie der Regenduft. Was ihr da riecht ist schlicht: Ozon. Es entsteht, wenn energiereiche Strahlung auf Sauerstoff trifft. Die elektrische Ladung der Blitze hat dafür gesorgt, dass einige Sauerstoffmoleküle in einzelne Atome aufgespalten werden. Diese reagieren leicht mit anderen Sauerstoffmolekülen zu Ozon, welches aber wegen seiner Instabilität bald wieder zerfällt und deshalb nicht so schädlich ist wie das, was ihr auch unter dem Namen „Smog“ kennt. Also haltet ruhig eure Nase in den Wind und spürt den Düften nach, denn das ist eine großartige Art und Weise, die Natur zu erfahren.

Foto: Roman Heimhuber
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