Warum wir Geheimnisse haben

Kuscheliges und Heimiliges zu HauseFoto: Jon Tyson (Unsplash)

von Rebecca Haugwitz

Das Wort „Geheimnis“ wurde tatsächlich von Martin Luther erdacht. Er versuchte damit, dem Wort „Mysterium“ eine Entsprechung in der deutschen Sprache zu geben. Es soll soviel wie „zum Haus gehörend“ oder „vertraut“ bedeuten. Das klingt ja eigentlich ganz schön, es hat etwas heimeliges und inniges.

Heutzutage werden Geheimnisse aber eher als etwas Negatives empfunden. Intuitiv würden die meisten Menschen nämlich sagen, dass man jemandem nicht trauen könne, der etwas zu verbergen hätte. Geheimnisse bergen eine gewisse Unsicherheit für Außenstehende, da für sie in dem Moment nicht alle Fakten ersichtlich sind. Somit wird dem Informationsgehalt von Geheimnissen auch instinktiv eine höhere Bedeutung zugeschrieben – was geheim gehalten wird, MUSS ja wichtig sein!

Das stimmt aber nicht immer. Teilweise ist Geheimniskrämerei einfach wichtig für die eigene Identität, denn dank ihr kann jede*r für andere Menschen ein idealisiertes Bild von sich zeichnen. Das klingt zwar irgendwie unehrlich, aber es gibt durchaus Situationen, in denen diese Taktik sogar erwartet wird. Denkt zum Beispiel an Bewerbungsgespräche: Dort ist es eure Aufgabe, euch und eure Fähigkeiten bestmöglich zu präsentieren. Die persönlichen Probleme wollt ihr dann wahrscheinlich auch lieber geheim halten. Auch zur Regulierung von sozialen Beziehungen werden Geheimnisse benutzt, nämlich indem man auswählt, wen man nah an sich heranlassen möchte und wem gegenüber man lieber verschlossener bleibt. In gewisser Weise ist Geheimhaltung also auch ein Schutzmechanismus, da man sich für andere nicht angreifbar macht.

Nun gibt es natürlich auch weniger harmlose Geheimnisse als Persönliches bei Bewerbungsgesprächen, wie hohe Schulden oder eine Sucht. Der Psychologe Michael Slepian entdeckte, dass Menschen, die sehr belastende Geheimnisse mit sich herumtragen, sich teilweise selbst dafür bestrafen. Sie empfinden weniger Freude bei schönen Aktivitäten oder behalten sich solche bewusst vor. Einigen vergeht auch der Appetit und es kommt ihnen grundsätzlich alles im Leben anstrengender vor.

Was den meisten allerdings zu gesteigertem Wohlbefinden verhelfen kann, ist, sich jemandem anzuvertrauen. Ob dies persönlich oder online geschieht, ist dabei unwichtig. Sich mit anderen auszutauschen und verschiedene Perspektiven zu beleuchten, kann einen sehr heilsamen Effekt haben. Wenn euch also etwas belastet und ihr eine Person sucht, mit der ihr darüber sprechen könnt, dann zögert nicht, euch Hilfe zu suchen! Im VCP gibt es in den meisten Stämmen Vertrauenspersonen, außerdem sind sicher eure Lehrer*innen, Eltern und Freund*innen gerne für euch da.

Übersicht der Vertrauenspersonen im VCP

 

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