von Johanna Mixsa
Ich hatte sie auch lange – die Angst vor dem lila Halstuch. Aber ich muss sagen: Jetzt, so wenige Tage vor meinem Stufenübergang, da ist sie gar nicht mehr so groß. Die ersten Jahre bei den Pfadis konnte ich es immer gar nicht abwarten, mein neues Halstuch zu bekommen. Der hellgrüne Rand? – Wow bin ich groß! Raus aus der Meute und rein in die Sippe. Bekommen habe ich es auf meinem ersten Hajk, auf einer Waldlichtung neben einem Fluss bei Fackelschein. Die Magie dieses Momentes werde ich nie vergessen – wer weiß, vielleicht ist er einer der Gründe, warum ich heute mein lila Tuch bekomme. Es folgte das Dunkelgrüne und dann, dann endlich das R*R-Halstuch. Dafür habe ich in Großzerlang eine Nachtwache (mit Wildschweinen) gehalten. Jetzt war ich quasi in der Blütezeit meines Pfadi-sein angekommen! Ich war eine der ganz Großen, durfte viel Verantwortung übernehmen, wurde in alle Stammesgeheimnisse eingeweiht. Aber ich war noch nicht eine von den „komischen“ Erwachsenen.
Wenn man das lila Halstuch bekommt, dann ist man raus. Dann ist man alt!
Aber woher kommen solche Gedanken eigentlich? Wenn ich mir anschaue, wo in meinem Pfadi-Alltag überall Erwachsene auftauchen, dann sind die nicht wegzudenken. In meinem Stamm beim Materialtransport, Finanzen und bei der Kinderstufe.
Im Land wie im Bund gestalten sie Veranstaltungen, sind Teil von Arbeitskreisen und noch vieles mehr. Egal wo ich hin schaue: Die mit dem lila Halstuch sind keineswegs „raus“. Sie unterstützen im Hintergrund, ermöglichen wunderbare Arbeit vor Ort und kämpfen sich durch die Gremien.
Und ich muss sagen: Das alles nimmt mir die Angst vor dem lila Halstuch. Pfadfinden kann ich trotzdem noch für viele junge Menschen möglich machen. Und es hindert mich keinesfalls daran, jede Menge Schabernack zu treiben und Abenteuer zu erleben. Auch wenn ich vielleicht mehr Verantwortung trage.
Etwas hat sich aber nicht geändert: das Rot des R*R-Halstuches wird für mich immer die schönste Farbe bleiben!
Unvergessen bleiben die Wölflinge aus meinem Stamm, die, als ich abends zur Nachtwache mit dem Kanu aufgebrochen bin, ganz verzweifelt fragten: „Kann man der nicht irgendwie helfen?!“ Nein – dafür war es schon lange zu spät 😉