Der VCP schreibt mit Gendersternchen – also fast
von Lena Dohmann
Ich erinnere mich noch sehr genau an meine erste anp als Chefredakteurin:
48 Seiten dick, Texte über Liebe und Sex auf dem Lager, die frisch beschlossene Ehe für alle – und das Gendersternchen.
Es hagelte Leser*innenbriefe.
Einer davon ist mir noch besonders in
Erinnerung, eine Leserin schrieb: Ich bin jetzt über 80 und finde es toll, dass
ihr in der anp jetzt den Genderstern verwendet – aber die Ehe bleibt für mich
zwischen Mann und Frau. Seitdem fast keine anp ohne Hinweis auf das „nervige“ Sternchen …
Dass Veränderungen Nachfragen und auch Unverständnis hervorrufen, ist
normal. Aber der Bundesrat (BR) hat bereits im September 2016! übers
Gendern im VCP diskutiert. Schon damals mit dem Wunsch „inhaltlich
den Verband mitzunehmen“. Im April 2017 folgte der Beschluss. Meine polarisiert(e). Im Jahr 2018 forderte die 49. Bundesversammlung (BV) den
ganzen Verband inhaltlich mitzunehmen.
In der Antragsbegründung heißt es: „Wir haben das Gefühl, dass die Themen „gender“ und „diversity“ oft nur auf das Sternchen reduziert werden und
niemand dazu bereit ist, sich auf eine ernsthafte Diskussion darüber einzulassen.
Dabei rückt das eigentliche Problem in den Hintergrund.“ Der Antrag wurde
mit großer Mehrheit angenommen.
Am Wochenende stand die mittlerweile 53. BV am gleichen Punkt: Wir gendern im VCP seit 2017, es wäre doch an der Zeit auch den Verbandsnamen zu gendern.
Denn: „Aktuell drücken wir […] nach außen genau das nicht aus, was wir
eigentlich wollen: Diversität und Offenheit für Menschen jenseits des binären
Geschlechtersystems. […] Signalwirkung für unsere Mitglieder. […] angestrebte Realität im Verbandsleben […], muss auch für den Vereinsnamen gelten: Nicht-binäre Menschen werden ein-, nicht ausgeschlossen.“
Genau das ist der Punkt: Das Thema ist oft aufgeladen, die verschiedenen Seiten verhärtet – ich weiß, gendern ist anfangs nicht immer intuitiv, erfordert Kreativität, klingt anders – aber Sprache ist lebendig, mit Sprache kann gespielt werden – und vor allem: Sprache ist Macht! Nichts zu verändern, abzuwehren, bequem zu sein, all das wird auf dem Rücken von Menschen ausgefochten, die sowieso schon über weniger Privilegien verfügen.
Der Antrag wurde diskutiert und auf die nächste BV vertagt. Damit der ganze
Verband mitgenommen werden kann. Wie schon vor V – I – E – R verdammten Jahren beschlossen. Aber ich bleibe positiv. Die Feder ist
mächtiger als das Schwert. Und das Spieglei* zeigt, dass man Geschlechtergerechtigkeit auch in der mündlichen Sprache zum Ausdruck bringen kann.
Der VCP hat einen Bildungsauftrag und jetzt ein Jahr Zeit diesen auszufüllen.
Ich bin gerne dabei! Du auch?
Ideen?
Das Thema geht uns alle an! Diskutiert, tauscht euch aus – und schreibt an anp@vcp.de
* Die Sprechpause wird auch gesprochenes Gendersternchen genannt, oder kurz Glottisschlag. Hier wird bei der Aussprache eine winzige Pause mit einem Knacklaut angedeutet. Wie bei Spiegelei, oder verreisen, Koffein,
beinhalten, …