Genderwatch

Foto: Kai Bendig

Erste Ergebnisse der Genderwatch

In diesem Jahr wurde auf der Bundesversammlung zum ersten Mal ein Genderwatch durchgeführt. Das bedeutet, dass beobachtet wurde, wie oft weibliche, männliche oder nicht-binäreTeilnehmer*innen der Bundesversammlung sich in Antragsdebatten melden bzw. wie sich Redeanteile und Redezeit verteilen und wie sich die Versammlung zusammensetzt. Dazu wurde bei der Anmeldung zur Versammlung auch um die Angabe der bevorzugten Pronomen gebeten. Die Teilnehmenden der BV konnten zwischen den Varianten sie/ihr, er/ihm, they/them, keine Pronomen und keine Antwort wählen. Die Angabe von Pronomen zeigt an, wie eine Person angesprochen werden möchte bzw. mit welchem Pronomen sich eine Person identifiziert. Wir gehen in diesem Artikel davon aus, dass sich Menschen, die geschlechtsspezifische Pronomen angegeben haben, dem entsprechendem Geschlecht zugehörig sind. Ähnliche Erhebungen gibt es beispielsweise bereits beim Europäischen Jugendforum oder auch beim Landesjugendring NRW.

Wie setzte sich die Bundesversammlung zusammen?

Die Bundesversammlung mit Stimmberechtigten, Mitarbeiter*innen, Gäst*innen und Berichtspflichtigen setzte sich wie folgt zusammen: 44% gaben die Pronomen sie/ihr an, 45% die Pronomen er/ihm, die englischen geschlechtsneutralen Pronomen they/them gaben 2% an, ebenso 2% gaben an keine Pronomen zu nutzen und 7% gaben keine Antwort.

Abbildung 1 Zusammensetzung der Bundesversammlung nach bevorzugten Pronomen

Die Gruppe der stimmberechtigten Mitglieder war etwas anders zusammengesetzt: 54% gaben hier an er/ihm Pronomen zu nutzen, 38% bevorzugten sie/ihr, 2% they/them, 1% nutzen keine Pronomen und 5% machten dazu keine Angabe.

Abbildung 2 Zusammensetzung der Stimmberechtigten nach bevorzugten Pronomen

Wer spricht in unseren Antragsdebatten?

Erstmal können wir hier darauf gucken, wer die Anträge vorgestellt hat. 80% der Anträge wurden alleinig von männlichen Delegierten vorgestellt. Kein Antrag wurde alleinig von Menschen vorgestellt, die nicht-männliche Pronomen nutzen.

Von den insgesamt 175 Redebeiträgen zu den Anträgen kamen 70% von männlichen Delegierten, 25% von weiblichen Delegierten, 2% von Menschen mit dem Pronomen they/them sowie 3% von Menschen, die keine Angabe zu ihren Pronomen gemacht haben.

Abbildung 3 Anteile an Redebeiträgen

Wie lange wird gesprochen?

Wir haben neben der Anzahl an Redebeiträgen auch für zwei Antragsdebatten die Länge der Redebeiträge protokolliert. Für den Antrag rund um die Beitragserhöhung können wir so neben dem Verhältnis von 20 männlichen zu 6 weiblichen Redebeiträgen auch ein Zeitverhältnis von 59 Minuten zu 11 Minuten feststellen. Im Schnitt sind in dieser Debatte die Redebeiträge männlicher Mitglieder also nicht nur häufiger, sondern auch länger als die weiblicher Mitglieder.

Zur Debatte um ein vegetarisches Bundeslager 2026 lässt sich ein etwas ausgewogeneres Verhältnis zeigen. Hier gab es 11 Redebeiträge von weiblichen Mitgliedern und 19 von männlichen Mitgliedern. Dabei nehmen sich die weiblichen Mitglieder 41% der Gesamtredezeit der Debatte, 9% der Redezeit entfallen auf Mitglieder mit den Pronomen they/them.

Was machen diese Ergebnisse mit euch, seht ihr Handlungsbedarf? Die Genderwatch kann uns erste Anhaltspunkte darüber geben, wie inklusiv und geschlechtergerecht unsere Gremien sind. Die Ergebnisse sollen für die Thematik sensibilisieren. Überlegt zum Beispiel selbst: Wie setzte sich eigentlich unsere BV-Delegation zusammen, gibt es eine bestimmte Rollenverteilung in der Delegation, wer stellt Anträge vor, warum mache ich einen Redebeitrag, oder warum lasse ich das lieber sein?

Diese Daten sagen natürlich nichts über die Qualität der Beiträge. Wer aber schonmal auf einer Bundesversammlung war, wird bemerkt haben, dass sich Debatten schnell mal im Kreis drehen und vielleicht schon alles gesagt wurde aber eben noch nicht von jedem.

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