Dankeschön oder Korruption? Wenn Geld in dunklen Kanälen versickert

Herr W. vermietet viele Wohnungen in einer großen Stadt. Diese Wohnungen müssen instand gehalten werden und dafür beauftragt er einen Hausmeisterservice. Herr H. betreibt so einen Hausmeisterservice und möchte gerne diesen Auftrag haben. Doch die Vertragsverhandlungen machen keine Fortschritte. Da erfährt Herr H. zufällig, dass Herr W‘s Ehefrau gerne mal wieder ein Musical besuchen möchte. Zwei Tage später erhält Herr W. Post von Herrn H. In dem Briefumschlag liegen: ein Erste-Klasse-Zugticket nach Hamburg, ein Gutschein für ein Doppelzimmer in einem noblen Hotel am Hafen und zwei Eintrittskarten für den „König der Löwen“. Logenplatz selbstverständlich.

Die Herren sehen sich beim Abendessen im Hotel wieder und nach dem zweiten Glas Rotwein werden sie sich einig. Herr H. bekommt den Auftrag. Dass die Hausmeistergebühren nun etwas höher als zuvor sind – 5 Euro pro Monat und Wohnung mehr – bereitet Herrn W. keine Kopfschmerzen. Er kann sie über die Nebenkostenabrechnung auf seine Mieter abwälzen.

Vorteilsnahme und Bestechung sind leider alltäglich – nicht nur in der öffentlichen Verwaltung. Forscher haben versucht, den jährlichen Schaden in Deutschland zu ermitteln: ihren Schätzungen zufolge zwischen 120 und 250 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der Bundeshaushalt umfasst aktuell 299,5 Milliarden Euro.

Die Ursachen für Korruption sind vielfältig. Da fließen Gelder und Geschenke, um schneller behördliche Genehmigungen oder ärztliche Behandlungen zu bekommen, unliebsame Konkurrenten fern zu halten und Strafen zu verhindern. Viele Bedienstete bessern damit ihr Einkommen auf. Für schlecht Bezahlte möglicherweise es eine wichtige finanzielle Unterstützung, für die besser Bezahlten ein netter Luxus.

korruption

Verglichen mit den anderen Ländern steht Deutschland im Korruptionsindex gut da. Platz 14 ermittelte die Organisation Transparency International. Doch im europäischen Vergleich ist das nur Mittelfeld. Die skandinavischen Länder bekämpfen Korruption effizienter.

Das wirksamste Mittel gegen Korruption ist eine jederzeit nachvollziehbare Auftragsvergabe. Das heißt: Offenlegen sämtlicher Auswahlkriterien und eine schriftliche Begründung der Entscheidung, idealerweise in Form einer öffentlichen Ausschreibung.

Korruption und Bestechung wird in Deutschland nur im öffentlichen Dienst verfolgt. Die Bediensteten werden regelmäßig über die Folgen belehrt und müssen mit drakonischen Geldstrafen, dem Verlust ihres Arbeitsplatzes und Pensionen rechnen. Aber häufig halten Bestecher und Bestochene dicht. Nur wenige Fälle werden aufgedeckt. Die Geldstrafen sind für gut bezahlte Amtsträger leicht zu verkraften.

Das opulente Abschiedsgeschenk für die engagierte Klassenlehrerin oder die Schokolade fürs unbürokratische Verlängern des Reisepasses sind gut gemeint, stellen aber häufig Bedienstete vor Probleme – vor allem dann, wenn „Zeugen“. anwesend sind. Fazit: Auch wenn es schwer fällt, besser bleiben lassen oder einfach mit guten Worten von Herzen danken.

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