Die dunkle Seite der Sozialen Medien

von Patrick Franz

Facebook, Instagram und Co. sind nicht pauschal schlecht – aber so gut, wie sie sich gerne verkaufen, sind sie auch nicht.

Soziale Medien bieten Vorteile, die nicht von der Hand zu weisen sind: Weltweite Vernetzung mit Pfadfinderfreund*innen auf der ganzen Welt, schöne Bilder für Daheimgebliebene von Großlagern, Informationsaustausch über viele Themenwelten und für die ganz hart gesottenen: Spiele, Spaß und eine Menge lustiger Katzenvideos. Aber all das, was hier zum Vorteil von Facebook, Instagram, Twitter und Co in die Waagschale geworfen wird, kann in den Händen der falschen Leute schnell zum Nachteil werden. Damit die Inhalte der Sozialen Medien nicht völlig ohne Kontrolle in die Welt gesendet werden, muss es Menschen geben, die sich die Beiträge anschauen und im Namen aller Nutzer*innen prüfen. Die Rede ist von den sogenannten „Cleaners“, wie es sie zum Beispiel in Manila auf den Philippinen gibt.

Ignore – Delete. Ignorieren oder löschen. Tagein – Tagaus. 25.000 Uploads am Tag sichten ist das Soll: Enthauptungen, Kinderpornografie, Terror. Viele der Cleaner leiden unter identischen Symptomen wie Soldaten, die von einem Kriegseinsatz wiederkommen – posttraumatische Belastungsstörungen. Die Bilder gehen ihnen nicht mehr aus dem Kopf, sie bleiben da hängen. Viele bekommen Angstzustände, sie trauen sich nicht mehr auf öffentliche Plätze zu gehen, weil sie vor der menschlichen Natur Angst haben.

Es gibt Menschen, die von ihren Partnern nicht mehr berührt werden wollen, weil sie den ganzen Tag Vergewaltigungsvideos gesehen haben. Acht bis zehn Stunden müssen die Cleaner am Tag Uploads sichten. Sie müssen alles mit sich selbst ausmachen, unterzeichnen sogar Verschwiegenheitserklärungen. Psychologische Betreuung in den „Putzfirmen des Internets“ bedeutet, dass bei Gelegenheit mal ein Psychologe vorbeikommt und im Großraumbüro die gesamte Belegschaft fragt, ob es allen gut gehe. Viele kriegen gar nicht mit, wie sie sich Stück für Stück verändern. Nicht wenige begehen Selbstmord.

Vor zweieinhalb Jahren sind die beiden Regisseure Hans Block und Moritz Riesewieck erstmals für die Recherchen zu ihrer Dokumentation „The Cleaners“ nach Manila gereist – dort haben sie langsam Kontakte geknüpft. Das Thema ist sehr sensibles. Die Armut auf den Philippinen ist groß – da ist ein Job als sogenannter „Content Moderator“ mit einem Dollar in der Stunde finanziell attraktiv. Doch das Netz ist voll vom Übel der Menschheit. In einem stark katholisch geprägten Land sieht mancher Content Moderator seine Arbeit sozusagen als Opfergang. „Es ist mein Job, sündhaften Videos zuvorzukommen“, sagt eine der Cleanerinnen in der Doku. Sie müsse verhindern, dass sich die Sünde in den sozialen Medien verbreitet.

Soziale Netzwerke wie Facebook waren noch nie nur Plattformen für lustige Katzenvideos – ein Patentrezept für den Umgang damit gibt es sicherlich nicht – doch ein Umdenken bei den Nutzern wäre ein wichtiger Schritt. „Wenn wir es mal als das betrachten, was es ist, also die digitale Öffentlichkeit an sich, dann müssen wir auch digitale Bürger, digitale Demokraten und Demokratinnen werden“, sagt Riesewieck. Dass sie den Namenlosen von der digitalen Müllabfuhr ein Gesicht und eine Stimme verliehen haben, ist der große Verdienst der beiden Regisseure und ihres Debütfilms.

Diese packende, aber mit ihren Bildern auch durchaus verstörende Dokumentation über die Arbeit der Cleaner*innen zeigt ein erschreckendes Bild der Sozialen Medien und den menschenunwürdigen Bedingungen dieser Inhaltsverantwortlichen. Auf der Suche nach einem spannenden Thema für eure nächste Ranger*Roverrunde könnte die Dokumentation „The Cleaners“ mit einer gemeinsamen Diskussion über die Sozialen Medien einen völlig neuen Blickwinkel auf die Sache ermöglichen. Auch, wenn es ein dunkler Winkel ist.

Strategien gegen Hate Speech

  1. Ignorieren
    Damit bekommen die Störer*innen keine Aufmerksamkeit mehr, Debatten laufen ins Leere.
    Allerdings kann es so auch passieren, dass laute und aggressive Gruppen dominieren.
  2. Melden und Löschen
    Bei allen großen Plattformen lassen sich Inhalte, die gegen Rechtsvorschriften oder die Nutzungsbedingungen verstoßen, melden und müssen dann vom Betreiber gelöscht werden.
  3. Zur Anzeige bringen
    In den meisten Bundesländern bietet die Polizei inzwischen die Möglichkeit, Anzeigen einfach online zu erstatten. Es gilt deutsches Recht und damit kannst du z.B. Beleidigung, Üble Nachrede oder Verhetzung zur Anzeige bringen.
  4. Gegenrede
    Gegenrede ist ein wichtiger Beitrag für Demokratie und zeigt Solidarität mit den Opfern von Hassattacken. Durch Ironisierung, konkrete Nachfragen und gute Argumente lässt sich eine Diskussion wenden.
  5. Selbstschutz
    Wenn du dich mit Hetze und diskriminierenden Äußerungen in den Sozialen Medien beschäftigst, kann das sehr schnell belastend werden. Achte auf dich selbst. Deinen eigenen Schutz solltest du nicht vernachlässigen.

Einen ausführlichen Leitfaden zum Umgang mit Hate Speech gibt es bei der Bundeszentrale für politische Bildung: https://bit.ly/2Dz90Yo

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