Die Republik Moldawien ist ein Land voller Gegensätze auf dem Weg in die Moderne

Auf der Schwelle zu Europa

Olaf Eybe suchte Pfade in Moldawien und fand viel mehr…

Was willst du denn in Moldawien? Wo ist das überhaupt?“ Diese Fragen hörte ich häufiger, als ich mich im April auf den Weg in das kleine Land zwischen Rumänien und Ukraine machte. Um alle Vorurteile gleich auszuräumen – ich habe weder mit dem Frauenhandel noch dubiosen Export-Import-Geschäften zu tun. Gemeinsam mit zwei Freunden wollte ich dieses noch relativ unbekannte Land erkunden. Und die Pfadfinderinnen und Pfadfinder dort kennenlernen.

Im Vorfeld fragte ich in VCP-Kreisen nach Kontakten in Moldawien, aber die meisten vielgereisten VCPler mussten passen. Mit Hilfe sozialer Netzwerke fand ich die dann National Scout Association of Moldova (NSAM) und – engagierte Ansprechpartner.

Unsere Basis für die Erkundungen des noch landwirtschaftlich geprägten Armenhaus Europas wurde eine Wohnung in der Hauptstadt Chisinau. Da wir wenig Zeit hatten, aber viel sehen wollten, liehen wir uns einen japanischen Kleinwagen, der einiges auszuhalten hatte. Die Straßen abseits der wenigen Hauptstrecken sind häufig eher Sand- oder Schotterpisten und besonders bei Regen eine Herausforderung für verwöhnte deutsche Autofahrer.
Die Halbmillionenstadt Chisinau – Moldawien hat insgesamt ca. 3 Mio. Einwohner – präsentierte sich als quirlige Großstadt, in der hauptsächlich Banken und Handy-Shops zu sehen waren. Spannend fand ich den riesigen zentralen Basar. Dort gab es fast alles zu kaufen und die Gerüche und Farben waren einfach überwältigend. Allerdings war Fotografieren häufig absolut unerwünscht. Später erfuhren wir, dass viele Moldawier schlechte Erfahrungen mit Menschen aus dem Westen gemacht haben. „Unser Land wird häufig sehr negativ dargestellt und andere ziehen sich an unserer Armut und unseren Schwächen hoch “, erklärte Maria Mursa, die u.a. als Übersetzerin für verschiedene NGOs arbeitet und uns mit Rat und Tat zur Seite stand.

Und die Pfadis…

Und dann stand ein erstes Treffen mit den moldawischen Pfadfinderinnen und Pfadfindern NSAM an. In einem typischen Lokal bei leckeren mit Käse gefüllten Teigtaschen und moldawischen Rotwein – Moldawien hat einen exzellenten Ruf als Weinproduzent – war das Eis schnell gebrochen. Wir redeten Deutsch, Rumänisch, Russisch und Englisch durcheinander. Ich stellte den VCP vor. Vitalie Iacubitchii, Mitglied des National Councel der NSAM, erklärte die Strukturen des moldawischen Verbandes: „Die NSAM wurde nach der Wende Anfang der 1990er Jahre gegründet – vorher war Moldawien eine Sowjetrepublik – und hat inzwischen rund 2.400 Mitglieder in sieben Regionen. Jungen und Mädchen sind in den gleichen Gruppen.“ Die inhaltliche Arbeit ähnelt sehr der des VCP, nur das C hat keine Entsprechung, auch wenn die Mehrheit der Moldawier orthodoxe Christen sind. Im Vordergrund stehen soziale Aktivitäten und der Umweltschutz. Hinzu kommen die Schulung von pfadfindertypischen Inhalten und die Verbandsarbeit. „Bei uns gibt es vier Altersgruppen, die ihre eigenen Abzeichen haben: Club Scouts (7 – 10 Jahre), Adventurer (11 – 14 Jahre), Explorer (15 – 17 Jahre) und Rover (18 – 21 Jahre) und schließlich die Scout Leader, die die Gruppen koordinieren und die nationalen Aktivitäten planen“, ergänzt Natalia Covalciuc-Zmuncila, die Finanzchefin der NASM.

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Einmal Moldawien kreuz und quer

Wir wollten aber auch möglichst viel über das Land erfahren – der einzige Reiseführer über Moldawien war nicht sehr hilfreich. Und wir bekamen reichlich Tipps: Highlights waren der Besuch eindrucksvollen Festung in Soroca im Norden Moldawiens an der Grenze zur Ukraine und ein Ausflug zum malerisch gelegenen Kloster in Orheiul Vechi und zu den dortigen Höhlen. Ein Muss war ein Abstecher in das Gebiet Gagausien (ca. 150.000 meist turkstämmige Einwohner), das über eine weitgehende Autonomie verfügt.
Wir fragten auch nach der Sicherheitslage in Transnistrien, das zwischen 1990 und 1992 im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion durch Sezession von Moldawien entstand. Aber die Informationen blieben widersprüchlich. Letztlich gaben Hinweise der Pfadfinder den Ausschlag: „Die Lage in dem von russischen ,Friedenstruppen‘ bewachtem Staat, der weltweit nicht anerkannt ist und in dem es keine konsularische Betreuung für Bundesbürger gibt, ist sicher!“

Zeitreise nach Transnistrien

Mit Karte und Navi fuhren wir über Nebenstrecken nach Osten. Unvermittelt tauchten kleine Wellblechhütten und eine Schranke auf: die Grenze! Nach Gesprächen mit den russisch sprechenden Beamten erfuhren wir, dass dieser Übergang nur für den „kleinen Grenzverkehr“ nutzbar ist. Touristen – auch wenn die Grenzer sich nicht vorstellen konnten, dass es so etwas in Moldawien gibt – Touristen müssten einen anderen Übergang benutzen. Wir folgten den Beschreibungen und nach einer Off-Road-Einlage erreichten wir eine größere Straße mehr oder weniger im Niemandsland. Zum Glück waren wir für die Grenztruppen uninteressant und nach rund einstündigen Einreiseformalitäten, in deren Verlauf wir Einfuhrsteuern für unseren Leihwagen bezahlt hatten, stolze Besitzer einer Vignette wurde, die uns das Benutzen der Straßen in Transnistrien erlaubte, wechselten 30 Euro den Besitzer und für uns öffnete sich die Schranke. Aber nach rund fünf Stunden hatten wir wirklich genug vom grauen Alltag im Schatten von Lenin, russischen Panzern und dem allmächtigen Konzern Sheriff.

Gegen Ende der Reise kam es dann zu einer weiteren Begegnung mit den moldawischen Scouts. Im Hauptquartier der NSAM, das aus zwei kleinen Büros besteht, wurden Geschenke ausgetauscht. Auf Begeisterung stießen handbetriebene Aufladegeräte für Handyakkus. Nach dem Tausch der Halstücher wurde vereinbart weitere Treffen durchzuführen. Vielleicht ist auch die Ankunft des Friedenslichtes in Wien eine gute Gelegenheit für ein Wiedersehen mit den neuen Pfadfinderfreunden in Moldawien.

www.scout-moldova.md

Begegnung mit Folgen

Währen der gesamten Reise waren mir fast überall in Moldawien streunende Hunde aufgefallen. Das Thema packte mich und ließ mich nicht mehr los. Vielleicht lag es daran, dass eine Entlebucher Sennenhündin mein Lieblingsmodel ist oder weil ich in diesem Land mit einem monatlichen Durchschnittseinkommen von rund 300 Euro nicht nur frisch renovierte, orthodoxe Kirchen fotografieren wollte. Zum fotografischen Höhepunkt der Reise wurde dann der Besuch in einem Tierasyl in Ciobanovca rund 40 Kilometer vor den Toren Chisinaus. Ich recherchierte viel zum Thema Tierschutz in Moldawien. Wieder zu Hause schrieb ich dann einen Artikel über die Straßenhunde und meinen Besuch in der „Casa Katharina“, der inzwischen in mehreren Zeitungen und Zeitschriften und im Netz veröffentlicht wurde. Aber das ist eine ganz eigene Geschichte …

www.tierhilfe-casakatharina.com

www.lokalkompass.de/essen-ruhr/natur/fast-vergessene-kreaturen-hoffnung-fuer-strassenhunde-in-moldawien-d542263.html

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