Digitalisierung bei den Pfadfinder*innen

von Sören Bröcker

Foto: VCP/Andreas Kläger

Flächendeckendes WLAN , Smartphones in der Singerunde, eine Programm-App, ein Geländespiel mit Handy und GoogleMaps auf dem Hajk, das alles auf dem nächsten Bundeslager 2022?

Wie verorte ich mich und Pfadfinden in einer digitalen Welt? Unter dieser Leitfrage diskutierten Pfadfinder*innen unterschiedlichster Altersgruppen und aus verschiedenen Regionen in Deutschland auf dem Bundeslager Weitblick in Wittenberg. Peter ‚flip‘ Keil, Bundesversammlungsvorsitzender, moderierte die Diskussion.
Diskussionsgäste waren: Peter Mestel, Mitglied der „Netzstecker“, Reinhard Sorge, Diakon aus Schwerin, Jule Lumma, Bundesvorsitzende, Heiko Schulz, Student der Medienwissenschaften sowie der Schüler Noah aus dem VCP Mitteldeutschland.

Des Weiteren beteiligten sich viele Pfadfinder*innen aus dem Publikum engagiert an der Diskussion. Hier eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:

Das Handy auf dem Lagerplatz – was sind seine Aufgaben?

Das Handy ist eine Kamera, ein Kommunikationsmittel, ein Notizblock, eine Uhr, ein Wecker und mit seinen vielfältigen Apps ein Mittel für alle Lebenslagen. Das Handy ist dafür da, dass man im Notfall erreichbar ist, sich die Eltern oder die Arbeit bei Bedarf melden können. Mit dem Handy können gleich die Social-Media-Kanäle bespielt werden, das nächste Kochrezept gegoogelt und der Weg mit einem Kartendienst gefunden werden. Nicht zuletzt kann ein digitaler Pfadi mit der „SternApp“ am Nachthimmel glänzen.

Klingt soweit alles ganz gut, oder?

Fast, denn bei den Pfadfinder*innen soll man immer noch die Luxusgüter der Neuzeit genießen können:

  1. die Unerreichbarkeit,
  2. die Sorglosigkeit,
  3. die Freiheit.

Man möchte frei von allen Zwängen und  Verpflichtungen des Alltags sein. Dazu gehört auch einmal abzuschalten und das reale Leben zu genießen. Man muss nicht jeden Moment mit der Community teilen und für die Eltern immer erreichbar sein. Bei der Singerunde kann man sich auch mal voll und ganz auf die schönen Lieder, das Lagerfeuer und die geheimnisvolle Stimmung konzentrieren. Den Eltern kann man vor dem Lager den allbekannten Satz sagen: „Mama, Papa, solange ihr nichts von mir hört, geht es mir gut.“

 

Also doch lieber gleich Handys verbieten?

Auf dem ersten Blick, sind Handys etwas Unnatürliches bei den Pfadfinder*innen. Sie fördern keine Kreativität, vernachlässigen das „learning by doing“, da alles schnell gegoogelt wird und sie sorgen für mehr Stress, da man immer wieder auf neue Informationen wartet.
Wenn wir aber Handys verbieten, sind wir nicht realitätsnah, sondern schaffen einen künstlichen Raum. Pfadfinden ist etwas lebensbegleitendes, mit altersgerechtem Programm, mit dem wir auch Grenzen überwinden können. Gerade im Bereich der Medienbildung und dem richtigen Umgang mit Medien können wir Pfadis einem Bildungsauftrag gerecht werden. Die Digitalisierung des Pfadi-Alltags kann eine Erweiterung des eigenen Kompasses sein. Das diesjährige Bundeslager „Weitblick“ in Wittenberg bot vielfältige und positive Beispiele der Medienbildung für Pfadfinder*innen. Die neuen Medien sind Werkzeuge für moderne Pfadis: Man muss lernen mit ihnen umzugehen, genauso wie mit einem Taschenmesser.

Wohin geht die Reise, wenn ich den Weg auch nicht weiß?

Es gibt wohl nicht die eine Lösung: Man sollte zwischen den Aktionen differenzieren. Gerade ein Hajk hat seinen Reiz, wenn das Unerwartete, das Unvorhersehbare nicht durch ein Smartphone kaputt gemacht wird. Inhalt einer Gruppenstunde kann und muss es sein, die Medienkompetenzen der Gruppensipplinge zu fordern und zu fördern. International gesehen sind Handys auf Fahrten und Lager Alltag.

Der VCP wird seinen Weg finden und jede*r Pfadfinder*in wird seinen Platz in der digitalen Pfadi-Welt finden. Wir werden unsere Traditionen bewahren und gleichzeitig auf zu neuen Abenteuern kommen.

 

„Jede Frage hat zwei Seiten. Beide sollten erforscht werden, ehe man mit ihnen fertig ist.“ – Lord Robert Baden-Powell

VCP-Blog