Düsteres Heldentum

Hier stellen wir euch eine Heldin und vier Helden aus dem Hinterhalt vor. Ihr Mut, ihr Widerstand, ihre Tapferkeit beeindruckt uns. Dabei haben sie für ihre Ziele mit wenig friedlichen Mitteln erkämpft. Trotzdem… lernt sie kennen und bildet euch eine Meinung zu den fünf Personen. Sind es wirklich Heldinnen oder Helden?

Klaus Störtebecker

Von Sandra Grünewald, München

stoertebecker-0Er benannte sich selbst „Gottes Freund und aller Welt Feind“ und war einer der berühmtesten Seeräuber der deutschen Geschichte Ende des 14. Jahrhunderts. Seinen Namen Störtebecker (Niederdeutsch: „Stürz den Becher“) soll er aufgrund seiner Trinkfestigkeit erhalten haben. Angeblich trank er einen Vierliter Humpen leer – ohne abzusetzen. Als Vitalienbruder soll er mit seiner Mannschaft das von Dänen belagerte Stockholm mit Lebensmitteln (sogenannten „Viktualien“) versorgt haben. Mit seinen Raubzügen machte er der Hanse auf See und dem deutschen Ritterorden im Baltikum das Leben schwer. Die Seeräuber, zu denen auch Klaus Störtebecker gehörte, sollen als „Likedeers“, ihre Beute zu gleichen Teilen unter sich und den Armen aufgeteilt haben. Nach mehreren Jahrzehnten der Raubzüge soll Störtebecker mitsamt seiner Mannschaft von der Hanse durch einen Hinterhalt gefangen und öffentlich in Hamburg hingerichtet worden sein.

Der Sage nach traf er mit dem Hamburger Bürgermeister die Abmachung, dass diejenigen seiner Männer freigelassen würden, an denen er nach seiner Enthauptung noch vorbeilaufen könne. Störtebecker soll kopflos, doch aufrecht an seinen Männern vorbeigelaufen sein – aber bei dem elften warf der verärgerte Henker ihm seinen eigenen Kopf zwischen die Beine. Und da geriet er doch ins Stolpern.

Tatsächlich ist nicht viel von Störtebecker überliefert. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Sage stark ausgeschmückt worden ist. Störtebecker war wirtschaftlich talentiert und soll mit seinen Männern gerecht geteilt haben, jedoch haben die Armen sicher kein Gold von ihm gesehen. Außerdem wurden ausnahmslos alle Piraten, die die Hanse damals gefangen nahm, hingerichtet. Der Held Klaus Störtebecker war vielleicht gemeiner, als wir es heute vielleicht wahrhaben wollen.

Robin Hood

von Verena Kunberger, Unterensingen

robin_hood-0Robin Hood ist bekannt als Beschützer der Armen. Er nimmt von den Reichen und verteilt es an die Armen.

Doch das war nicht immer so. In den frühesten Erwähnungen ist er nur ein Wegelagerer, der den Kampf mit Adligen und Geistlichen sucht.

Erst im Laufe der Zeit wurde er zu einem Adligen, dem sein rechtmäßiger Besitz genommen wurde. Um zu bekommen, was er und seine Bande benötigten, nahm er es sich von denjenigen, die ihm seinen Besitz genommen hatten.

In den Geschichten, die überliefert sind, handelt Robin Hood nicht, um den Armen zu helfen. Er nahm sich, was er wollte in dem Glauben, es stehe ihm zu.
Dass er dadurch zu einem Symbol für die Armen wurde, verwundert nicht. Allerdings rechtfertigt seine Geschichte auch seine Taten nicht. Denn wenn einem Unrecht getan wird, kann man dies nicht dadurch lösen, indem man Anderen Unrecht antut.

Betrachtet man Robin Hood aus heutiger Sicht, hat sich die Geschichte nochmals ein wenig verändert. Er ist ein Gesetzloser, der seinem König immer treu geblieben ist. Er nimmt von denen, die viel haben und es nicht teilen möchten. Robin Hood verteilt es unter der Armen und Bedürftigen.

In dem Fall, ist es leichter ihn als Held zu betrachten, da er nicht in eigenem Interesse handelt, sondern um anderen zu helfen. Zumindest ist er einer der am häufigsten verfilmten „Helden“.

Guy Fawkes

von Diane Tempel-Bornett, Kassel

guy_fox-2geboren am 13. April 1570 in York; gestorben am 31. Januar 1606 in London,

Guy Fawkes konvertierte mit 16 Jahren zum Katholizismus. Als Soldat kämpfte im Achtzigjährigen Krieg in Holland gegen die Protestanten. Er war verärgert über die Verfolgung der Katholiken in seiner Heimat England. Und so kam es zur berühmten Verschwörung – dem sog. Gunpowder Plot. Am 5. November 1605 wollte Fawkes mit dreißig Tonnen Schwarzpulver das englische Parlament im Palast von Westminster in die Luft jagen – rechtzeitig zur Parlamentseröffnung, wenn König Jakob, der I, alle Parlamentarier, die Bischöfe und Mitglieder des Hochadels anwesend wären. Anschließend sollte ein katholischer König eingesetzt werden.

Doch einer der Mitverschwörer warnte in einem Brief einen katholischen Lord, dass er sich an diesem Tag vom Parlament fernhalten solle. Der Lord reichte den Brief weiter und bei einer Inspektion wurde der Sprengstoff entdeckt. Fawkes wurde verhaftet, unter der Folter gestand er sein Vorhaben und nannte auch gleich die Mitverschwörer. Sie wurden am 30. Januar 1606 als Hochverräter hingerichtet. Guy Fawkes starb einen Tag später. Ob es den Katholiken nach der Verschwörung in England besser erging, darf bezweifelt werden. Guy Fawkes muss man aus heutiger Sicht als Terroristen bezeichnen. Die berühmte Grinsemaske wurde durch die Verfilmung des Comics „V“ – wie Vendetta berühmt. Und auch hier ist der Held erst ein Opfer und dann ein Mörder.

Am 5. November wird vielerorts in England in der „Bonfire Night“ an das Scheitern des Anschlages gedacht: mit Feuerwerken, Fackelzügen und der Verbrennung einer Guy Fawkes Puppe.

Nora Astorga (Gedea)

von Diane Tempel-Bornett, Kassel

1948 – 1988, nicaraguanische Freiheitskämpferin

nora_astorga-0Nora Astorga entstammte der gehobenen Bürgerschicht Managuas, der Hauptstadt Nicaraguas. Mit 19 Jahren kritisierte sie die herrschende Somoza-Diktatur in ihrer Heimat. Ihre entsetzte regimetreue Familie schickte sie direkt in die USA – als Erziehungsmaßnahme, aber auch zu ihrem Schutz. Das Medizinstudium dort brach sie nach zwei Jahren ab. In diesen zwei Jahren wurde ihr politisches Bewusstsein durch den Rassismus und sozialen Ungleichheiten, den sie dort erlebte, geschärft. Nach ihrer Heimkehr nach Managua studierte sie Jura. An der Uni begegnete sie der sandinistischen Widerstandsbewegung, (die sich nach dem Widerstandskämpfer Augusto Sandino nannte).

Während Nora Astorga in den nächsten Jahren ein nach außen hin bürgerliches Leben führte, unterstützte sie heimlich (konspirativ) die Sandinisten. Nach der Ermordung von Pedro Chamorro, dem Herausgeber der einzigen oppositionellen Zeitung durch das Somoza-Regime 1978 trat Nora Astorga dem bewaffneten Kampf bei. Berühmt wurde sie durch den Entführungsversuch von General Vega, wegen seiner Grausamkeit auch „El perro“, der Hund genannt. Er hatte wiederholt deutliches Interesse an der attraktiven Juristin signalisiert. Nora Astorga lud ihn in ihre Wohnung ein, was er zu gerne annahm. Das war allerdings eine Falle, denn dort sollte er gefangen genommen werden. Für seine Freilassung wollten die Sandinisten Gesinnungsgenossen aus dem Gefängnis freipressen. Doch in dem Handgemenge wurde Vegas getötet. Nora Astorga flüchtete in den Dschungel und beteiligte sich dort weiter am bewaffneten Widerstand.

Nach dem die Sandinisten im Juli 1979 die Macht übernommen hatten, wurde die Juristin Nora Astorga stellv. Justizministerin. Sie sollte auch Botschafterin Nicaraguas in den USA werden, aber das lehnte die Reagan-Regierung, die das Somoza-Regime unterstützt hatte, wegen ihrer Beteiligung an der Ermordung Vegas, ab. Sie wurde dann Nicaraguas Botschafterin in der UNO. Nora Astorga wurde als „Heldin des Vaterlandes“ ausgezeichnet. Sie starb mit 39 Jahren an Krebs.

Der Schinderhannes – der Schrecken von Hunsrück und Taunus

von Marc Forkmann, Mainz-Kastel

Im Herbst 1779 wurde in der Taunusgemeinde Miehlen Johannes Bückler als Sohn eines Schinders geboren. Heute würde man diesen Beruf als „Abdecker“ oder als Tierkadaverbeseitiger bezeichnen.

Eigentlich sollte Johannes in die Fußstapfen seines Vaters treten, stattdessen wurde er kriminell. Schon mit 15 Jahren legte man ihm Viehdiebstähle, die Unterschlagung einer Goldmünze und Tierfelle zur Last. Sein erstes Urteil: öffentliche Prügelstrafe mit 25 Hieben.

Er büchste aus dem Elternhaus aus und machte fortan den Hunsrück und den Taunus unsicher. Seine Bilanz lässt sich sehen: mindestens 211 Straftaten wie Nötigung, Erpressung, schwere Körperverletzung, Raubmord und Gefängnisausbrüche konnten belegt werden.

Kurz vor seiner Inhaftierung lernte Johannes seine Frau Juliana Bläsius kennen, mit der er einen gemeinsamen Sohn, Franz Wilhelm hatte.

Das Familienglück war von kurzer Dauer. Am 31. Mai 1802 wurde er bei Wolfenhausen im Taunus festgenommen und ins sichere Gefängnis „Holzturm“ zu Mainz überführt. Sein Prozess im Kurfürstlichen Schloss zu Mainz unter Leitung von Georg Friedrich von Rebmann begann am 24. Oktober 1803. Die Anklageschrift umfasste 72 Seiten, über 400 Zeugen wurden verhört.

Auch wenn es Vermutungen gab, dass sein Todesurteil im Vorfeld schon feststand, legten alle Beteiligten Wert auf einen rechtstaatlich ordentlichen Prozess. Die Urteile gegen ihn und 58 seiner Gefolgsleute wurde am 20. November 1803 verlesen. Die Hinrichtung vor dem Mainzer Neutor fand einen Tag später statt.

Aus heutiger Sicht lässt sich die Legende um Schinderhannes nicht belegen. Er war ein Schrecken sowohl für Arm und Reich. Immerhin teilte er die Beute mit den mehr als 94 Komplizen auf.

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