Gott & Mensch – Wer schafft hier wen?

Foto: Natascha Sonnenberg

von Oliver Mahn

Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. …“

So beginnt die Heilige Schrift für mehr als zwei Milliarden Menschen auf der Welt. Später schafft Gott dann die Pflanzen, die Tiere und zum Schluss den Menschen. Nachzulesen ist das alles im sogenannten Schöpfungsbericht am Anfang des ersten Buches Mose. Das Buch heißt sogar Genesis, was übersetzt „Schöpfung“ bedeutet.

Wenn ich diese Geschichte lese, stellt sich mir dann aber doch die Frag: Stimmt das so eigentlich? Schon beim Weiterlesen fällt mir auf, dass im zweiten Kapitel der Bibel noch eine Schöpfungsgeschichte erzählt wird. Auch hier schafft Gott Pflanzen, Tiere und Menschen, aber dennoch ist die Erzählung ganz anders als die erste. Wusste also Mose selbst nicht so genau, wie das war mit der Schöpfung des Menschen? Oder hat Mose die Geschichten vielleicht nur erfunden? Vielleicht hat er ja sogar Gott nur erfunden? Puh! Da lese ich gerade einmal die ersten beiden Seiten der Bibel und schon raucht mein Kopf.

Wurde der Mensch von Gott geschaffen oder hat der Mensch Gott erschaffen?

Der Mensch ist auf der Erde etwas Besonders. Als Menschen können wir vieles, was uns von allen anderen Lebewesen unterscheidet. Wir können denken, können Gut von Böse unterscheiden, haben komplexe Gefühle, einen eigenen Willen und einen Verstand. Biologisch haben wir aber vieles gemeinsam mit den Tieren. Unser Körper ist ein kompliziertes Gebilde und alles ist aufeinander abgestimmt. Die Wissenschaft weiß heute, dass sich alle Lebewesen auf der Erde über Jahrtausende entwickelt und weiterentwickelt haben. Dass auf der Erde überhaupt Leben entstanden ist und sich weiterentwickeln konnte, hängt von einer unendlichen Menge glücklicher Umstände und Zufälle ab. Für viele Menschen sind das viel zu viele Zufälle.

Foto: Natascha Sonnenberg

Auch ich denke, dass all das nicht zufällig entstanden sein kann. Die Bibel versucht eine Erklärung zu geben. Dabei wollen die beiden Erzählungen nicht wissenschaftlich beschreiben, wie die Schöpfung von Erde, Pflanzen, Tieren und Menschen genau abgelaufen ist. Es geht vielmehr darum, uns Menschen zu erklären, warum wir so sind, wie wir sind. Wir Menschen unterscheiden uns von allen anderen Lebewesen, weil wir ein „Ebenbild Gottes“ sind, wie es in der Bibel heißt. Wir alle haben also etwas von Gott in uns und genau das macht uns zu etwas Besonderem.

Am Anfang der Bibel wird Gott als Schöpfer*in dargestellt, der die Welt ordnet und Leben entstehen lässt. Die Bibel ist aber voll von anderen Geschichten über Gott. Menschen haben ihre Erfahrungen mit Gott erzählt und aufgeschrieben. Dabei entstehen ganz andere Bilder von Gott: Retter*in, Arzt*Ärztin, Kämpfer*in, Heiler*in, Richter*in, Mutter, Vater und Sohn sind nur einige. Jedes dieser Bilder zeigt eine andere Seite von Gott, ganz so wie es die Menschen erlebt haben. Durch ihre Geschichten sind viele, viele unterschiedliche Gottesbilder entstanden bzw. geschaffen worden.

Wurde der Mensch von Gott geschaffen oder hat der Mensch Gott erschaffen?

Am Ende bin ich der Überzeugung, dass beides irgendwie stimmt. Wir alle haben etwas von Gott in uns, das er*sie uns gegeben hat. Weil jede*r von uns eigene Erfahrungen mit Gott hat, gibt es wohl unendlich viele Gottesbilder. Wir sind von Gott geschaffen und unsere Vorstellung von ihm*ihr ist von uns geschaffen.

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