Nachtflug nach Larnaka

Von Steffen Immink

Meine Reise begann in Düsseldorf. Hier stieg ich mit einem leicht mulmigen Gefühl, immerhin erst mein zweiter Flug überhaupt, in die Maschine. Diese brachte mich dann doch sicher nach Belgrad zum Umsteigen. Im Wartebereich sah ich dann auch schon die ersten Halstuchträger: Zwei Mitglieder der französischen Delegation flogen ebenfalls nach Larnaka. Sie sollten für diesen Tag auch die einzigen Pfadfinder sein, die ich sah. Immerhin kamen wir erst um halb 4 nachts im Hotel an. Doch schon am nächsten Morgen konnte man Pfadfinderinnen und Pfadfinder aus den entlegensten Ländern treffen.

Auf der Begrüßungsveranstaltung traf ich nicht nur auf die (mir bekannten) VCPer und Franzosen, sondern auch Scouts aus Schweden, Dänemark, der Ukraine und fast jedem anderen Land Europas, sogar aus Ägypten und Israel.

In den Einheiten arbeite man mal mit 20 und mal mit 5 Teilnehmenden gemeinsam. Es herrschte immer eine ungezwungene Stimmung und man konnte offen über viele Dinge reden und diskutieren. Dabei konnte man sich immer wieder ganz verschieden Meinungen und Lösungsansätze anhören. Zu erfahren, welche Schwerpunkte persönlichen Motivationen und Vorstellungen andere Pfadfinderinnen und Pfadfinder haben, gehörte für mich zu einer der besten Erfahrungen der Academy.
Doch zu behaupten, dass man auf der Academy nur gearbeitet hat, wäre gelogen. Natürlich gab es auch genug „inoffizielle Begegnungen. Ob es nun das zufällige Gespräch über den kommenden Roverway mit einem der niederländischen Organisatoren am Mittagstisch war oder mit einer dänischen Pfadfinderin beim Abkühlen im Meer über ihre Zeit in Deutschland zu quatschen, oft genug gab es die Möglichkeit, spannende neue Leute kennenzulernen, mit denen man sich gut verstand…

Besonders im Gedächtnis wird mir eine Fahrt in die Hauptstadt Nikosia bleiben, die ich mit zwei griechischen, einer dänischen und einer zypriotischen Pfadfinderin gemacht habe. Nikosia selbst ist zwar keine große, aber dafür eine schöne Stadt mit verwinkelten Gassen und heimeligen Cafés. So war ich dann auch ein wenig verwirrt, als wir plötzlich in der Stadt von einem kleinen Grenzhäuschen daran gehindert wurden, weiter zu gehen. Mitten durch die Innenstadt zieht sich die Grenze zwischen Zypern und dem türkischen Teil der Insel, getrennt nur durch 50 Meter „Todesstreifen“, in dem niemand lebt und alle Häuser leer stehen. Während die Dänin und ich uns die türkische Seite anschauen wollten, fiel das den anderen Dreien etwas schwerer. Hier merkte man, dass wir uns nicht nur auf einer Urlaubsinsel befanden, sondern in einem Land, das in einem offenen Konflikt steht. Einer unserer griechischen Begleiter sagte uns, er könne nicht mitkommen, da er als griechischer Polizist in der Türkei als Spion verhaftet werden könnte. Und auch unsere zypriotische Freundin wollte den türkischen Teil nicht besuchen, da sie ihn nicht anerkenne. So besuchten wir den anderen Teil der Insel ohne sie, mit dem etwas bedrückenden Gefühl, nur hier sein zu können, da man das Glück hatte, in einem anderen Land geboren zu sein.

Letzten Endes war die Academy für mich eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Nicht nur auf inhaltlicher Ebene konnte man von hier viel mitnehmen. Auch Pfadfinderinnen und Pfadfinder aus anderen Ländern kennenzulernen und mit ihnen unerwartete Kontakte zu knüpfen, hat mir sehr viel bedeutet. Und wer weiß, vielleicht gehen wir ja nächstes Jahr nach Griechenland, Zypern oder Dänemark auf Fahrt, um all die Leute wiederzutreffen.

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