Jugendkreuzweg – die Felsen des Lebens

gegangen von Stefan Aderhold

Jedes Jahr begleiten wir den Lebensweg Jesu mit Festen und Geschichten. Karfreitag ist dabei für mich oft ein Tag, der schnell durchschritten werden muss, um zu Ostern zu gelangen. Dabei ist gerade dieser Tag ein Wendepunkt in Jesu Geschichte und ihr vermeintliches Ende. Sein Weg zum Kreuz ist von Trauer, von Schmerz, von dem Gefühl der Einsamkeit und von der Suche nach Orientierung begleitet. Aber auch mit der Hoffnung, auf diesem beschwerlichen Weg nicht alleine zu sein, sondern sich in Gottes Hand zu wissen.

Damit bietet die Passion Jesu gerade aufgrund ihrer schweren Kost viel Stoff zum Nachdenken, auch über das eigene Leben. Um Jugendlichen diesen Tag nahe zu bringen und ihn zum Anlass zu nehmen, über die eigenen Fragen und Zweifel nachzudenken, hat sich die Methode des Jugendkreuzwegs etabliert. Im Folgenden stelle ich euch eine mögliche Variante vor, die ich mit 14­ bis 16-­Jährigen durchgeführt habe, die ihr gerne euren Bedürfnissen und eurer Gruppe anpassen dürft.

Die Vorbereitung

Sucht euch einen schönen und ruhigen Rundweg in eurer Gegend aus, auf dem ihr unterwegs gut Stationen machen könnt. Überlegt euch genau, welches Material ihr für eure Stationen braucht und packt alles ein. Denkt über die Dynamiken in eurer Gruppe und mögliche Stolpersteine nach – ein aufrichtiges und faires Klima ist für die intensive Erfahrung eines Jugendkreuzwegs von besonderer Bedeutung.

DIE STATIONEN

Station 1: am Gruppenraum
Mit einer offenen Einstiegsfrage, die das Thema für den eigenen Weg setzt, beginnt der Weg. Die Jugendlichen erhalten jeweils ein Säckchen mit einem großen und vielen kleinen Steinen. Sie dürfen den großen Stein in die Hand nehmen und sich darüber Gedanken machen, was ihnen momentan an ihrem Leben und sich selbst am Wichtigsten ist. Wer will, darf die Gedanken teilen, aber keine*r muss. Dann verknüpft die Gruppenleitung die Erfahrungen mit dem Kreuzweg Jesu: Jesus hatte einen großen Stein zu wälzen. Er teilte das menschliche Leid, fühlte sich ebenso einsam und verloren, er trug die Taten seiner Mitmenschen und letztendlich sogar die Tatsache des Todes. Er war bereit, diesen großen Stein in Angriff zu nehmen und wusste, dass er ihn nur wegbewegen kann, wenn er ihn selbst trägt, bis in den Tod hinein.

Aber: um mit schweren Zeiten umgehen zu können, braucht es auch Gemeinschaft, die uns Lebensfreude tanken lässt. Sogar Jesus feierte am Gründonnerstag, kurz vor seinem Tod, mit seinen Liebsten und stärkte sich.

Bevor sich die Gruppe auf den Weg macht, wird es Jesus gleichgemacht: Es gibt ein kleines gemeinsames Picknick.


Station 2: Im Garten Gethsemane
Jesus ist nicht nur der große Held; auch er hatte Ängste. Seine Freunde waren zu müde, um für ihn da zu sein, als er sie am meisten brauchte. Er fühlte sich allein und wandte sich in seiner Not hilfesuchend an Gott. Er weinte, fürchtete sich und fragte, ob er seinen Weg gehen müsse.

Die Jugendlichen sind dazu eingeladen, fünf Minuten für sich alleine zu haben, um sich über ihre eigenen Ängste, Sorgen und Zweifel bewusst zu werden und sie, wenn sie wollen, in einem stillen Gebet vor Gott zu bringen. Zur Einstimmung bietet sich ein meditativer Text an.

Wenn die Jugendlichen genug Zeit für sich selbst hatten, formuliert die Gruppenleitung einen kurzen Zuspruch, z. B.: Gott hört euer Gebet. Er spricht euch zu: Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken (Mt 11,28). Dann bricht die Gruppe zur nächsten Station auf.


Station 3: Die Dornenkrone

Nachdem sich die Gruppe bisher eher mit sich selbst beschäftigt hat, nehmen die Jugendlichen nun die vielen kleinen Steine in die Hand. Sie stehen für Ereignisse, die sie nicht direkt erlebt haben und sie dennoch traurig oder wütend machen, z. B. ein untergehendes Flüchtlingsboot. Für uns ist das nur ein kleiner Stein, doch wissen wir, dass für viele genau dieser Stein zur großen Last geworden ist. Es zeigt uns, dass es Probleme, Nöte und Schuld gibt, die so groß sind wie ein Fels, auch wenn wir nur einen Splitter davon spüren. Jesus sah die ganzen Felsen und wusste, ein Mensch kann diese nicht tragen und fortnehmen. Und wenn er nur ein Mensch gewesen wäre, dann wäre sein Tod auch nur einer unter vielen gewesen. Jesus hat einen dieser Felsen, nämlich den Fels der Folterung, am eigenen Körper erfahren müssen. Er wurde ausgepeitscht, bespuckt, gequält, geschlagen. Mindestens eine ganze Nacht durch. Gott in Jesus leidet selbst an diesen brutalen Felsen der Menschen.

Mit diesem Text sind die Jugendlichen dazu eingeladen, sich Gedanken über die Dinge in der Welt zu machen, die sie belasten. Sie sollten sie möglichst konkret ausformulieren, damit später ein Gespräch darüber entstehen kann. Zur Einstimmung bietet sich ein Song an; wir haben „An Tagen wie diesen“ von Fettes Brot gespielt. Nach einer kurzen darauffolgenden Stille kann sich die Gruppe über ihre Gedanken austauschen. Ein Bibelvers kann abschließend Trost spenden: Wir dürfen darauf hoffen, dass die Felsen der Welt nicht das letzte Wort haben. Jesus spricht seinen Jüngern, spricht auch uns zu: In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. (Joh 16,33b).


Station 4: Endstation?

Der*Die Gruppenleiter*in liest aus dem
Evangelium die Geschichte vom Kreuzestod Jesu (Mk 16,20-40).

Dazu: Es kam, wie es kommen musste, Gott möchte einen neuen Anfang schaffen und war dazu bereit, dafür auch den Fels des Todes auf sich zu nehmen. Viele Christ*innen spüren bis heute, dass durch Jesus einige Brocken beseitigt wurden und werden, sie blicken mit Hoffnung auf ihr Leben und den Tod. Sie glauben, dass bei Gott kein belastender Fels mehr übrig ist. Sie wissen aber auch, dass das Leid in der Welt noch besteht. Sind wir bereit, die Lasten der anderen mitzutragen und keine neuen Belastungen zu schaffen? Glaube ich, dass Gott meine Belastungen tragen und ertragen und bereits hier im Leben zum Guten wenden kann? Wenn auch ihr darauf hofft, dass es aufgrund der Liebe Gottes für euch persönlich und für die Welt Hoffnung gibt, dann formt jetzt aus euren kleinen und großen Steinen ein Kreuz. Wenn die Jugendlichen ein Kreuz geformt haben, bildet die Gruppe einen Kreis um das Kreuz. Die Gruppenleitung kann noch ein Dankgebet sprechen; auch das Vater Unser bietet sich an.

Wenn noch Zeit ist, kehren alle gemeinsam zum Gruppenraum zurück und lassen den Abend gesellig ausklingen. Übrigens: Jugendkreuzwege gibt es zahlreiche. Wenn du Lust hast, ein paar andere Varianten kennenzulernen, schau doch mal hier vorbei.


 

ICON – Digitaler Kreuzweg

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