Peace-Jamboree in Hameln

Foto: Henning Eimer

Der Stamm Scouts of Dnipro kam auf Einladung des Hamelner VCP-Stammes Florian Geyer zu einem gemeinsamen Friedens-Jamboree ins Töneböncamp nach Hameln

Das Schönste war das Wiedersehen: Im Juli fanden im Tönebön-Camp bei uns in Hameln ukrainische Pfadis wieder zusammen, die der Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar vergangenen Jahres buchstäblich in alle Winde verweht hatte: Maksym lebt inzwischen in Estland, Illia in Berlin, Roman und sein Bruder Maksym wohnen in Ungarn. Gruppenleiterin Taniia und ihre Tochter Masha sind nach Österreich geflüchtet, Kamila und Makar nach Paris. Platon und Sofiia haben in Hameln Zuflucht gefunden und erwarteten ihre Freundinnen und Freunde, die Scouts of Dnipro, ungeduldig am Bahnhof. Der größte Teil der Gruppe kam direkt aus Dnipro, der viertgrößten Stadt der Ukraine.

Gemeinsam mit uns Pfadis vom Stamm Florian Geyer Hameln erlebten sie zwei fröhliche Ferienwochen. Neben Wanderungen zu unserem Pfadi-Gelände und zum Lern- und Gedenkort Bückeberg, Geländespielen, einer Kanutour, abendlichen Singerunden und regelmäßigen Freibad-Besuchen erwarteten alle Teilnehmenden Herausforderungen wie beispielsweise der Erwerb von Badges in Knotenkunde und Kochkunst. Für letzteren leiteten uns die ukrainischen Gruppenleiterinnen fast einen ganzen Tag lang dabei an, den traditionellen Eintopf Borschtsch zu kochen und winzige Teigtaschen, Wareniki, herzustellen und zu füllen. Außerdem können wir jetzt den Hopak tanzen. Wir zeigten ihnen den Friedenswald, den ukrainische Geflüchtete hier in Hameln gepflanzt haben, und wurden gemeinsam von der Bürgermeisterin empfangen. Auf ausdrücklichen Wunsch der ukrainischen Pfadis machten wir eine Exkursion zur Polizeiwache und besichtigten eine Hamelner Schule. In Dnipro sind die Schulen nämlich seit Februar vergangenen Jahres geschlossen, Unterricht findet nur online statt – dass das auf Dauer nicht schön ist, können wir uns alle seit den Corona-Lockdowns vorstellen.

Dnipro liegt nur einhundert Kilometer von der Frontlinie entfernt, fast täglich gibt es mehrfach Alarm. Die Pfadis hatten eine Anreise von fast 48 Stunden hinter sich: Sie durchquerten die Ukraine mit dem Zug bis Lwiw und fuhren dann mit dem Bus weiter nach Hannover. Wenige Stunden nach ihrem Umstieg schlugen in Lwiw russische Raketen ein.

Was ermutigt eine Gruppenleitung, ihrem Stamm eine solche Fahrt anzubieten? Nadiia, Stammesleiterin und ukrainische WOSM-Vertreterin, hielt nach dem russischen Überfall zunächst digital Kontakt zu allen Stammesmitgliedern: Zu denen, die mittlerweile in der Westukraine leben, zu denen, die ins europäische Ausland geflohen sind, aber auch zu neuen Stammesmitgliedern, die aus den östlichen, von Russland besetzten Gebieten nach Dnipro geflohen sind. Nadiias Fahrtenname ist Igel, und so ist sie auch, klein, unermüdlich, abwehrbereit und durchsetzungsstark. Sie führt trotz aller Gefahren und mit dem Einverständnis der Eltern wieder wöchentliche Gruppenstunden in Präsenz durch. Sie bildet neue Gruppenleiter*innen aus. Sie will nicht aufgeben und sieht, dass zur Zukunft ihres Landes auch gehört, die Kinder und Jugendlichen jetzt auf den Frieden vorzubereiten. Die Begegnung in Hameln stand im Zeichen der größten Friedens- und Freundschaftsbewegung der Welt, dem Pfadfinden. Die Scouts of Dnipro konnten hier zwei Wochen Frieden erleben, Kontakte knüpfen und Freundschaft schließen.

Was bleibt? Erleichterung über die störungsfreie Heimreise, eine großartige Erfahrung, Erinnerungen an ein tolles Lager, viele neue Freundschaften und natürlich der unbändige Wunsch nach einem Wiedersehen – in Frieden in Dnipro!

Sigrun Hegenbarth-Eimer

(Stamm Florian Geyer Hameln)

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