Und du … bist RAUS!!

Von Verena Kunberger, Unterensingen

284.000 Menschen sind in Deutschland wohnungslos, davon 32.000 Kinder und Jugendliche. 24.000 Menschen leben auf der Straße. Der Anteil von jüngeren Menschen steigt und auch immer mehr Frauen sind betroffen. Diese Zahlen gibt die Bundesarbeitsgemeinschaft der Wohnungslosenhilfe (BAGW) heraus. Bundesweite offizielle Statistiken darüber gibt es nicht.

Verlust des Arbeitsplatzes, stark ansteigende Mieten gerade in Ballungsgebieten, aber auch Krankheit, Drogenabhängigkeit und persönliche Probleme können den Einstieg aus dem gesellschaftlichen Ausstieg bedeuten. Wer keinen festen Wohnsitz hat, wird es schwer haben, eine feste Arbeit zu finden. Doch wo kann man Hilfe finden? anp war mit der Straßenzeitung „Trott-War“ auf einer Alternativen Stadtführung in Stuttgart. Stadtführer Thomas Schuler lebte früher selbst auf der Straße.

Die Führung beginnt am Marienplatz: Der Platz war ein Treffpunkt für Obdachlose, bevor er umgebaut und übersichtlicher wurde. In dem Haus von „Nestwerk“, ganz in der Nähe, können Obdachlose im Winter für eine Nacht schlafen. Auch die Redaktion von „Trott-War“ ist nicht weit. Trott-War unterstützt Obdachlose. Sie kaufen Zeitungen und verkaufen sie dann weiter. Wer damit Erfolg hat, kann festangestellt werden.

Ein paar Straßen weiter können Kinder und Jugendliche im „Schlupfwinkel“ Hilfe bekommen. In Stuttgart sind ca. 700 Kinder und Jugendliche als obdachlos gemeldet, doch die Dunkelziffer liegt vermutlich doppelt so hoch. Die zentrale Beratungsstelle (ZBS) hat verschiedene Hilfsangebote. Obdachlose können sich in der Kleiderkammer Kleidung aussuchen und sie werden an Wohnprojekte vermittelt. Noch schwerer haben es Drogenabhängige. Sie benötigen Therapieplätze und ärztliche Betreuung, auch wenn sie „clean“ sind, bekommen sie nur schwer einen Arbeitsplatz. Ihre Rückfallquote liegt bei fast 90 %.

Etwas weiter kommt man zur Paulinenbrücke, die bis 2007 ein sozialer Brennpunkt und Drogenumschlagplatz war. Doch dann wurde dort die Tankstelle abgerissen. Sie war für die Drogenabhängigen wichtig, weil sie dort Essen, Alkohol und Zigaretten bekommen konnten. Noch wichtiger war das saubere Wasser in den Toilettenanlagen. Aber in der Umgebung der düsteren Brücke gibt es einen Lichtblick: Schwester Margret bietet in der gemütlich eingerichteten „Franziskusstube“ seit fast dreißig Jahren kostenloses Frühstück an und hat für ihre Gäste immer freundliche Worte.

Im Winter wird die Leonhardskirche zur „Vesperkirche“. Bedürftige erhalten ein warmes Mittagessen, aber auch Kleider oder sogar Hundefutter für ihre vierbeinigen Begleiter. Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte helfen Menschen und ihren Tieren. Mittlerweile gibt es in Gemeinden in ganz Baden-Württemberg Vesperkirchen.

Diese Stadtführung zeigt, dass es noch viel zu tun gibt, um Obdachlosen den Wiedereinstieg in die Gesellschaft zu ermöglichen. In vielen Städten werden Obdachlose aus dem öffentlichen Raum vertrieben. Die neue baden-württembergische Landesregierung hat die finanzielle Unterstützung für die Obdachlosenhilfe stark erhöht – ein Hoffnungszeichen für viele.

 

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