Wenn man nur groß genug träumt, geht fast alles

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Orkestar TN auf Lok in Perm

Anne „Luna“ Overbeck fuhr mit dem ScoutingTrain von Irkutsk an den Baikalsee.

anp: Wie hast du vom Scouting train erfahren und warum wolltest du mitfahren?

Freunde von mir, die Schaffner im Orkestar-Waggon waren, haben von dem Projekt erzählt. Motiviert haben mich verschiedene Dinge: Ich war fasziniert von der Idee, ein so großes Projekt mit so vielen verschiedenen Menschen zu erleben – internationale Pfadfinderprojekte haben mich schon immer begeistert und ich habe schon gute Erfahrungen gemacht. Russland, die Transsib & der Baikalsee waren außerdem schon immer als potentielle Reiseziele in meinem Kopf und dieses Erlebnis mit so einem Projekt zu verbinden finde ich besonders schön. Außerdem bekommt man auch nicht so oft die Möglichkeit, mit so vielen Musikerinnen und Musikern aus verschiedenen Regionen und Kulturen so eng zusammenzuarbeiten. Das war eine große Bereicherung für mich.

anp:Welche Erwartungen hattest du?

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Proben in Moskau

Ich habe mich sehr auf das Musizieren mit den 30 Mitgliedern des Orkestar-Waggons gefreut, aber mir war lange gar nicht klar, was wirklich während dieser drei Wochen passieren würde. Vielleicht war das auch so faszinierend am ScoutingTrain: Ich glaube, viele von uns hatten noch keine so konkrete Vorstellung über das, was uns erwarten würde, aber die Vision, mit so vielen Leuten ein so großes und einmaliges Erlebnis zu teilen, hat gereicht, um uns alle an Bord zu bekommen!

anp:Was hast du auf der Reise erlebt?

Unglaublich viel. Eine beeindruckende Gruppe junger Menschen, die aus dem Nichts heraus zu einem Projekt zusammen gewachsen ist. Neben den überwältigenden kulturellen, landschaftlichen und gesellschaftlichen Eindrücken, die mir die Reise durch Russland ermöglicht hat, steht für mich die Dynamik im Vordergrund, die sich im ScoutingTrain entwickelt hat. Bei einer so großen Gruppe von über 200 Leuten ist es in so kurzer Zeit fast nicht möglich, alle Leute kennen zu lernen. Und trotzdem hatte man immer das Gefühl, dass einen mit den anderen etwas verbindet.

anp:Was hat dich besonders beeindruckt?

Die Tatsache, dass wenn man nur groß genug denkt und träumt, ein scheinbar unmögliches Projekt auf die Beine stellen kann. Dass so unterschiedliche Menschen aus Ländern, die zurzeit politisch auf heiklen Pfaden schreiten, trotzdem und bedingungslos gemeinsam eine Reise unternehmen und Hand in Hand arbeiten können. Dass wir uns von solchen Grenzen lossprechen können, wenn wir nur wollen. Das ist auch das, was mich derzeit motiviert das Abschlusstreffen des ScoutingTrains 2014 im November in Berlin zu organisieren. Es ist unglaublich schwierig, alles dafür auf den Weg zu bringen, es fehlt an Zeit und Geld und manchmal haben wir das Gefühl, es kann gar nicht mehr alles klappen. Aber diese Menschen noch einmal zusammen zu bringen und mit diesem Projekt in die Öffentlichkeit zu gehen, das ist eine riesige Motivation. Deswegen arbeiten wir immer weiter!

anp:Was hat dir besonders gut gefallen, was nicht ganz so gut?

Ich könnte eine endlose Liste mit Dingen, die mir gut gefallen haben aufzählen. Die Leute, das Land, die Zugfahrt, die Zusammenarbeit im Orkestar, die Einzigartigkeit des Projekts, etc., etc. Nicht so gut gefallen hat mir vielleicht, dass im Laufe des Projekts auch klar geworden ist, dass es unglaublich viele Hürden für solche Visionen gibt. Sei es die Bürokratie, die Versicherungen und Visa betrifft, oder die Schwierigkeiten der Finanzierung. Man läuft immer Gefahr, sich mit so einem Traumprojekt zu weit aus dem Fenster zu lehnen, weil jede Unterstützung an irgendwelche Bedingungen geknüpft ist von denen man einfach vorher nicht weiß, ob man sie erfüllen kann. Ich denke, dass in Deutschland schon viel tolle Unterstützung für junge Projekte und Ideen existiert, aber ich würde mir noch mehr davon wünschen und auch, dass internationale Projekte noch besser begleitet würden, da es ohnehin schon eine besondere Herausforderung darstellt diese zu realisieren.

anp:Was war für dich das Besondere am ScoutingTrain?

Die Vision, die alles angetrieben hat. Die Bedingungslosigkeit, mit der die Organisatoren hinter dem Projekt standen und jede Hürde genommen haben. Die Emotionen, die es in uns allen ausgelöst hat, ohne dass so wirklich klar war, wo diese herkamen. Der ScoutingTrain war einfach überraschend und ich glaube, er hat bei allen, die dabei waren einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen: Hoffentlich können wir alle etwas aus dieser Erfahrung mitnehmen und draus machen.

anp: Hat sich für dich als Pfadfinderin nach dieser Erfahrung etwas verändert?

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Orkestar am Baikalsee

Es war für mich als langjährige Gruppenleiterin sehr spannend und auch schön, mal wieder als Teilnehmerin bei einer Veranstaltung dabei zu sein. Man vergisst richtig, wie sich das anfühlt. Jetzt stehe ich wieder auf der anderen Seite, als Mitorganisatorin des Nachtreffens in Berlin und freue mich sehr, von dem was für uns alles bewegt und auf die Beine gestellt wurde, etwas zurückgeben zu dürfen. Ich glaube, der ScoutingTrain zeigt, wie Pfadfinden über die eigene Jugend hinaus das Leben von uns allen beeinflussen kann.

Mit 16 Jahren kann ich vielleicht eine Ortsgruppe leiten, aber ein Projekt dieser Größenordnung erfordert eine ganz andere Struktur und viel Erfahrung. Wir haben alle – Organisatoren sowie Teilnehmende – viel daraus gelernt: was geht, und auch was nicht geht. Ich hoffe, dass ich, wie alle anderen, davon inspiriert sein werde, weitere Projekte mitzuerleben und zu unterstützen. Denn Pfadfinden ist eben etwas, was über ein Hobby hinaus geht und uns ein Leben lang begleiten kann.

anp: Würdest du noch mal mitfahren?

Jederzeit!

anp: Wem würdest du diese Reise empfehlen?

Allen!

anp: Vielen Dank, Luna, für deinen Bericht.

 


Route des Scoutingtrain von Moskau nach Irkutsk an den Baikalsee

Links:

Die Idee:
http://www.scoutingtrain.org/de/initiatoren/es-war-einmal-eine-idee.html
http://www.scoutingtrain.org/de/initiatoren/unser-leitbild.html

Hier ein Statement zur politischen Situation:
http://www.scoutingtrain.org/de/initiatoren/wird-unser-projekt-trotzdem-stattfinden.html

Und hier zu dem was das Projekt über die Reise hinaus sein soll:
http://www.scoutingtrain.org/de/initiatoren/mehr-als-eine-zugfahrt.html

Die Seite vom Orkestar-Wagon – einem von 9 Teilprojekten die jeweils zu verschiedenen Themen zusammengearbeitet haben und ihre Arbeit während der Reise in den verschiedenen Städten der Öfftentlichkeit präsentiert haben. Für uns hat das eben bedeutet, gemeinsam mit 30 internationalen Musikern zusammen zu spielen, zu arrangieren und einen eigenen Sound zu kreieren – den wir dann bei einigen sehr schönen Konzerten den Menschen präsentiert haben.

http://www.scoutingtrain.org/de/orkestar/was-ist-das-scoutingtrain-orkestar.html

ScoutingTrain.org

Flickr: Fotostream von ScoutingTrain 2014

Berichte dere Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf scoutingTrain.org

 

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