Populismus begegnen

Ziel: Die Ranger*Rover lernen Strategien kennen, wie sie populistischen Aussagen begegnen können und üben diese ein.

Einstieg: Bullshit-Bingo
Quelle: https://j-gcl.org/wp-content/uploads/2018/11/Paket_Rhetorik-in-Rechtspopulismus.pdf

Alle Teilnehmenden erhalten eine Bullshit_Bingo bzw. laden sich diese selbst herunter.
Die Gruppe schaut gemeinsam einen Ausschnitt aus der Rede von Beatrix von Storch an.
Fällt ein Begriff, der auf der Karte genannt ist, darf dieser durchgestrichen werden. Wer hat zuerst eine Reihe voll?

https://www.youtube.com/watch?v=j6R1REhV8BQ
Beatrix von Storch (AfD) – Rede zur AfD-Demo „Zukunft Deutschland“ am 27.05.2018 () 4

Rezept für Populismus
Die Pfadis erinnern sich an die „Zutaten“ für Populismus.  https://www.vcp.de/pfadfinden/utopia-und-rechts-populimus/ Welche wendet Beatrix von Storch in ihrer Rede an?

Wichtig: Populismus ist an sich nicht verboten. Sondern er bietet „einfache“ Antworten auf komplexe Sachverhalte. Viele Politiker*innen (und auch wir) äußern sich mal populistisch. Nicht jede*r, die*der sich populistisch äußert hat eine (rechts-)extreme Gesinnung.
Entscheidend ist: Lässt sich die Person auch hinterfragen? Lässt sie konstruktive Kritik zu? Kann das Thema/die Frage auch vielschichtiger diskutiert werden?
Populismus wird dann gefährlich, wenn er Menschengruppen ausschließt und sich gegen die Werte der Demokratie richtet.

 

Sieben Strategien für einen erfolgreichen Umgang mit Populisten

Wir danken Herrn David Lanius von https://forum-streitkultur.de/sieben-gegenstrategien/ für seine freundliche Genehmigung seinen Text an dieser Stelle zu veröffentlichen.
Für eine gemeinsame Bearbeitung erhält jeder Teilnehmende einen Textabschnitt mit einer Strategie. ) Der Reihe nach werden die Strategien vorgelesen. Findet die Gruppe jeweils ein Beispiel?

Der Siegeszug des Populismus hat mit Donald Trumps Einzug ins Weiße Haus einen neuen Höhepunkt erreicht. Populisten in ganz Europa reiten auf der Welle aus Wut, Empörung und Angst, die sich in Parolen wie „Die Flüchtlinge überfremden uns; außerdem sind sie sowieso alle entweder kriminell oder Terroristen“ oder „Die heutigen Politiker sind faul und korrupt; wir brauchen endlich wieder einen starken Mann“ äußern.

Populistische Parolen werden salonfähig
Immer mehr Menschen fühlen sich solchen Parolen hingezogen und machen sie wieder salonfähig. Wie können wir diese Menschen für demokratische und rechtsstaatliche Ideen gewinnen? Kann man in Zeiten „alternativer Fakten“ durch Argumente überhaupt überzeugen?

Der Dialog mit Menschen anderer Meinungen ist zentraler Bestandteil der Demokratie. Wir müssen Menschen anderer Meinungen ernst nehmen und respektieren. Es hilf nichts sich über die „Dummheit“ oder „Menschenverachtung“ solcher Äußerungen zu echauffieren.

Reden – aber mit wem?

Einigen populistischen Politikerinnen und Politikern darf man das Gespräch jedoch getrost verweigern. Es geht ja nicht allen Menschen um die Vertretung ihrer Werte oder Meinungen, wenn sie den Mund aufmachen. Manche Menschen äußern solche Parolen sehr zielgerichtet und interessengeleitet. Bei den meisten Politikerinnen und Politiker der AfD, des Front National oder der Partij voor de Vrijheid gehen die meisten Argumente in der Tat ins Leere.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch die vielen potentiellen Wählerinnen und Wähler populistischer Parteien. Mit diesen sollten wir einen konstruktiven Austausch auf Augenhöhe suchen. Wir sollten unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger ansprechen – und zwar mit Respekt, selbst wenn wir deren Meinungen für falsch oder unmoralisch halten.

Strategien im Umgang mit populistischen Parolen
Im Alltag sollten wir daher beherzt eingreifen, wenn rassistische, sexistische, demokratiefeindliche oder anderweitig menschenverachtende Parolen geäußert werden. Auf das darauffolgende Streitgespräch kann man sich sowohl inhaltlich als auch sprachlich gut vorbereiten. Diese sieben Strategien bieten eine erste Hilfe, das Gespräch mit Populisten erfolgreicher zu gestalten:

  1. Beim Thema bleiben. In Diskussionen wird oft abrupt das Thema gewechselt und vereinfachende Parolen werden schnell hintereinander geäußert. Wie reagiert man darauf? Am wichtigsten: Das Parolenspringen nicht mitmachen. Lieber einfach nochmal nachhaken: „Kannst du mir erst noch erklären, was du gemeint hast, als du sagtest…“
  2. Gezielt nachfragen. Oft ist nämlich auch den Parolenschwingern selbst nicht ganz klar, was sie sagen. Dabei ist es essentiell, zunächst zu verstehen, was das Gegenüber überhaupt behauptet. Daher steht am Anfang immer der aufrichtige Wunsch zu verstehen. Und das sollte möglichst auch signalisiert werden: „Ich verstehe das noch nicht genau. Was genau meinst du, wenn du sagst, dass die Politiker korrupt sind?“
  3. Nicht belehren. Wer belehrt, demonstriert höhere Erkenntnis. Das schafft zunächst einmal (nicht unbegründet) Abwehr. Fakten überzeugen nur bedingt. Und wer will schon moralische Wahrheiten gepredigt bekommen? Vermeide daher zu moralisieren. Besser ist es zu fragen und persönliche Bezüge herzustellen: „Wie ging es deutschen, geflüchteten Familien nach dem zweiten Weltkrieg? Was unterscheidet sie von syrischen Familien heute?“
  4. Probleme verdeutlichen. Populistische Parolen sprechen pauschalisierend in Stereotypen von den Anderen. Zwar reichen einzelne Ausnahmen in der Regel nicht, um ein Stereotyp aufzubrechen. Aber es hilft dennoch, das „Die“ aufzulösen: „Du behauptest, die Politiker sind korrupt. Aber was ist mit dem und dem und dem..“ Zudem stecken populistische Parolen oft voller Widersprüche, die du mit etwas Hintergrundwissen leicht aufdecken kannst. Beinahe jeder – auch die meisten „post-faktischen“ Anhänger Trumps oder der AfD – sind an innerer Widerspruchsfreiheit interessiert.
  5. Populismus lebt von Angst und Wut. Diese Gefühle brechen oft auch im Gespräch auf und führen dazu, dass ein richtiger Meinungsaustausch unmöglich wird. Dem kannst du entgegenwirken, indem du diese Gefühle ansprichst und Witz oder Ironie einbringst. Wichtig ist daher: Ruhig bleiben. Die eigenen Emotionen kontrollieren – und, wenn möglich, die des Gegenübers auch.
  6. Perspektive wechseln. Die Gräben zwischen den Gesprächsparteien scheinen oft unüberbrückbar. Ganze Ideologien prallen aufeinander. Die erzeugte Angst und Wut verstärken die Kluft noch. Hier können oft auch inhaltlich Brücken gebaut werden. Statt zu moralisieren kannst du Argumente mit den Werten des Populisten „reframen“ (hier sind einige Beispiele). Damit kannst du auch Menschen mit diametral anderen Wertvorstellungen und Weltbildern abholen. Wichtig ist jedoch, dass du dabei authentisch bleibst und gewisse Grenzen nicht überschreitest. Wie sinnvoll ist es, den AfDler zu überzeugen, dass die etablierten Partien nicht alle schlechte Politik machen, indem man darauf verweist, dass auch sie geflüchtete Menschen zum Teil unmenschlich behandeln?
  7. Ansprüche reduzieren. Gleichzeitig solltest du dir nicht immer zum Ziel setzen, dein Gegenüber zu überzeugen. Demokratie lebt von Meinungsverschiedenheiten. Andere Menschen haben ein Recht darauf, ihre – von der deinigen abweichende – Meinung zu haben. Wichtig ist daher, auch auf die (noch) Unentschiedenen zu achten. Diese kann man in einer Diskussion, in der du dich gegen Populisten stellst, davon überzeugen, dass es auch die andere – differenzierte und (empirisch und moralisch) besser begründete – Meinung gibt. Selbst wenn die Chancen gering sind, die Diskussion mit Argumenten zu gewinnen, sollten wir das Feld nicht den Populisten überlassen!

 

Populistische Aussagen begegnen I

Folgend sind einige Beispiele populistischer Aussagen genannt.
Die Gruppe überlegt gemeinsam, was auf solche Aussagen entgegnet werden kann. Ziel ist es, die Aussagen kritisch zu hinterfragen und mit der Person, die die Aussage tätigt, in einen differenzierteren Dialog zu treten.

  • Wir schreiben keine Lebensentwürfe vor und sagen auch Nein zu generellen Tempolimits und Dieselfahrverboten. Wir stehen für Freiheit statt für Bevormundung.
    (Das CSU-Programm. S.3)

zum Beispiel:

  • Was ist der Zusammenhang zwischen meinem Lebensentwurf und dem Tempolimit?
  • Weshalb ist meine Freiheit durch ein Tempolimit eingeschränkt?
  • Es gibt bereits auf vielen Strecken ein Tempolimit, meist aus Gründen des Lärmschutzes und der Verkehrssicherheit. Sind dies keine Gründe, die allgemeingültig sind?
  • Ein Tempolimit hat positive Auswirkungen auf den Klimaschutz. (https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2020-06-15_texte_38-2020_wirkung-tempolimit_bf.pdf.)
    Ist dies nicht ein höheres Ziel, als freie Fahrt für alle?
     
  • 2015 darf sich nicht wiederholen.
    Armin Laschet am 16. August 2021 nach der Machtergreifung der Taliban in Afghanistan

zum Beispiel:

  • Was konkret darf sich nicht wiederholen?
  • 2015 haben wir unkompliziert vielen Menschen in Not geholfen. Was war daran falsch?
  • Wie haben dich die Ereignisse aus dem Jahr 2015 persönlich betroffen? Welche Auswirkungen hatte es auf dein Leben, dass wir Menschen aufgenommen haben?
  • Wovor hast du Angst? Warum?

 

  • Überwiegend Rentner verbreiten meist rechte Lügengeschichten.
    Saskia Esken am 27. Januar 2019 auf Twitter

zum Beispiel:

  • Was meinst du damit, dass es überwiegend Rentner wären, die rechte Lügengeschichten verbreiten?
  • Warum ausgerechnet Ältere? Willst du damit sagen, dass rechte Einstellungen bei Jüngeren nicht existieren? Wie kommst du zu dieser Einschätzung?
  • Kennst du Renter*innen, die rechte Lügengeschichten verbreiten?

Populistische Aussagen begegnen II
Über die Chatfunktion üben sich die Teilnehmenden im Streitgespräch. Die Gruppenleitung (oder eine Freiwillige*ein Freiwilliger) beginnt die Diskussion mit einer populistische Aussage. Die anderen reagieren darauf. Der*die Populist*in versucht seine*ihre Position zu verteidigen.
Gelingt es der Gruppe, ihn*sie in eine Diskussion einzubinden?

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