Offener Brief zu den Vorfällen auf dem Bundeslager 2022

Foto: Johanna Mixsa

Liebe Pfadfinder*innen,

noch nicht mal 6 Wochen liegt das VCP-Bundeslager 2022 „Neustadt“ hinter uns. Und wir alle sind noch voll von Erinnerungen an die Tage in Großzerlang.

Für manche von uns sind es aber nicht nur schöne Erinnerungen, sondern auch schlechte. Und darüber müssen wir sprechen!

Der VCP ist nicht nur ein loser Zusammenschluss von Menschen mit grauem Hemd, sondern er ist auch eine Wertegemeinschaft. Aufgabe und Ziel, Gesetz und Versprechen, Meißner-Formel [1] und Neudietendorfer Erklärung[2]sind für uns Grundlage und Leitspruch für den gemeinsamen Umgang miteinander. Der VCP zieht nicht zuletzt aus diesen Grundsätzen seine Haltung als offener, toleranter und gewaltfreier Verband. Auf die Plätze gegen Hetze, Queeres Pfadfinden im Regenbogencafe und ein klares Bekenntnis zum Frieden auch mithilfe vieler kleiner Kerzen zum Friedenslicht sind aktiver Ausdruck dieser Haltung. Der VCP will aktiv die Gesellschaft mitgestalten und auf Missstände hinweisen. Dafür werden in seinen Gruppenstunden und Gremien, in seinen Schulungen und Aktionen diese Grundlagen und Werte erlernt, gelebt und hochgehalten.

Was wir gern stolz nach außen tragen, ist auf dem Bundeslager nicht immer auch gelebt worden. Pfadfinder*innen aus Bayern waren offenen Anfeindungen und Mobbing ausgesetzt, weil sie aus eben diesem Bundesland kamen; Gruppenkinder wurden von Workshops ausgeschlossen, Nazi-Vergleiche wurden ausgesprochen, es sind Drohbriefe geschrieben worden und es ist zu körperlichen Angriffen gekommen.

Das Regenbogencafe hat massiv homophobe Anfeindungen erlebt, Regenbogenfahnen wurden heruntergerissen und es sind Droh- und Schmähbriefe geschrieben worden. LGBTQI+ Pfadfinder*innen, die den VCP als sicheren Ort für sich empfinden, sind Opfer von Bedrohung und Diskriminierung geworden.

Als Bundesführung des VCP lehnen wir jegliche Form von Diskriminierung, Mobbing, Gewalt, Homophobie und Intoleranz entschieden ab! Es ist furchtbar, dass Pfadfinder*innen auf unserem Bundeslager solche Erfahrungen machen mussten und wir möchten uns im Namen des Verbandes bei allen entschuldigen, die auf unserem Bundeslager solche Erfahrungen machen mussten.

Unser Anspruch als VCP ist ein anderer!

Bundesrat und Bundesleitung haben sich im Rahmen des Bundesrats 3/2022 bereits intensiv mit dem Thema beschäftigt und werden als Verbandsführung nacharbeiten, warum unser eigener Anspruch offensichtlich nicht immer der Realität entsprochen hat. Wir werden die Schulungen über die Themenkomplexe Offenheit und Toleranz nochmal neu in Grund- und Aufbaukursen bewerten. Die nächsten Bundesräte und die Bundesversammlung werden diese Thematik als Schwerpunkte behandeln und sich der Frage widmen: Stehen wir alle gemeinsam noch hinter unseren Grundsätzen und wie schaffen wir es sie zu leben?

Das Bundeslager war für viele das schönste Pfadi-Erlebnis der letzten Jahre und der VCP hat so viel Energie und Motivation daraus gezogen. Durch das Benennen von Missständen ist das Bula kein schlechtes geworden, aber wir müssen alle zusammen mutiger werden, Dinge auch auszusprechen und kritisch zu betrachten. Nur so können wir als Verband besser und unseren eigenen Ansprüchen auch gerecht werden.

Und heute fangen wir damit an!

VCP-Bundesrat & VCP-Bundesleitung

Offener Brief zu den Vorfällen auf dem Bundeslager 2022


[1] Die Meißner-Formel ist ein beim ersten Freideutschen Jugendtag festgehaltener Grundsatz, der besonders die bündische Jugendbewegung prägte. https://dewiki.de/Lexikon/Erster_Freideutscher_Jugendtag#Die_Meißner-Formel

[2]Die Neudietendorfer Grundsätze waren die erste gemeinsame inhaltliche Grundlage der christlichen Pfadfinder*innen in Deutschland.
https://www.vcp.de/pfadfinden/100-jahre-neudietendorfer-grundsaetze https://dewiki.de/Lexikon/Christliche_Pfadfinderschaft_Deutschlands_(1921)

 

Ihr habt etwas im VCP erlebt, mit dem ihr euch nicht wohlfühlt?

Sprecht unserere Vertrauenspersonen an!

Eine Anlaufstelle für Menschen im VCP, die Diskriminierung aufgrund ihrer Sexualität und Identität erfahren, ist noch im Aufbau.

Wenn ihr euch wegen eurer Sexualität diskriminiert fühlt, euch nicht traut oder niemanden habt, mit dem*der ihr darüber sprechen könnt, könnt ihr euch telefonisch an die Nummer gegen Kummer für Kinder und Jugendliche oder die Telefonseelsorge wenden. Auch per E-Mail oder Chat beraten Jugendliche bei in & out. Dort bieten junge lesbische, schwule, bi, pansexuelle, asexuelle, inter*, trans* und nicht-binäre Personen für Jugendliche und junge Erwachsene ehrenamtlich Beratungen an.

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