Interview mit Lotti – Radkurierin auf dem Kirchentag

Foto: Kai Bendig

INTERVIEW aus der Helfendendepesche Ausgabe 0

  • Was hat dich dazu gebracht, als Radkurierin beim Kirchentag mitzumachen?

Ich war vorher vier Mal als Gruppenhelfende im Ordnungsdienst auf dem Kirchentag. Wir haben Notausgänge bewacht oder den Infostand in der Halle bemannt. Ich habe nach einer neuen Herausforderung gesucht, da ich das irgendwann sehr eintönig fand. Freunde von mir waren bei den Radkurieren und so habe ich mich dann in Stuttgart erstmals als HaKa und Radkurier angemeldet und habe es seitdem nicht bereut.

  • Wie ist es als Radkurierin auf dem Kirchentag im Vergleich zu anderen Bereichen, bei denen du bereits geholfen hast?

Beim Radkurier sind die Aufgaben vielfältiger. Wir arbeiten mit allen Funktionsbereichen auf dem Kirchentag zusammen und sind besonders mit dem Laga, dem Eisbärlaga (Kühllager) und der Fahrbereitschaft eng vernetzt.

Man bekommt viel von der Stadt und der Messe zu sehen. Und sieht auch viele Veranstaltungsorte. Von den Veranstaltungen sehen wir meist eher weniger. Wenn man möchte, kann man sich aber immer die Zeit nehmen, Veranstaltungen zu besuchen.

  • Was sind deine konkreten Aufgaben als Radkurierin während des Kirchentags?

Dinge transportieren! Wir transportieren alles, was irgendwie aufs Rad passt: angefangen bei Lunchtüten, Süßigkeiten und Getränken für die Helfenden, über Helfendendepeschen, Kollekten, Plakate und Büromaterialien bis hin zu riesigen Holzkreuzen für die Bühnen oder der gesamten Wäsche des gläsernen Restaurants. Manchmal nehmen wir auch unsere Kollegen mit ins Quartier.

Meine konkrete Aufgabe dieses Jahr ist die Funktionsbereichsleitung. Das heißt, ich organisiere unseren Alltag. Im Vorfeld habe ich zusammen mit Svenja die Materialbestellung gemacht. Wir koordinieren unser Helfendenteam, besprechen uns auf kurzem Wege mit den anderen Bereichen und sind die Ansprechpersonen für alle Externen.

  • Wie trägst du als Radkurierin dazu bei, dass der Kirchentag reibungslos abläuft? Gibt es besondere Herausforderungen, mit denen du dich auseinandersetzen musst?

Wir tragen dazu bei, indem wir unsere Fracht schnell und unkompliziert zu ihren Veranstaltungsorten bringen. Als Radkurier kommen wir auch kurz vor Beginn noch durch die Besuchendenströme, wenn die Autos der Fahrbereitschaft schon lange nicht mehr durchkommen. Herausfordernd ist es manchmal, Zugang zu den verschiedenen Orten zu bekommen. Bei den Finanzen gibt es z. B. einen externen Wachschutz und am Abend der Begegnung sind die Helfenden manchmal so tief im Besuchendenmeer, dass es nicht so leicht ist, sie zu finden. Weitere Herausforderung ist das Sichern der Fracht, wenn diese auf einmal viel größer ist, als vorher angegeben. Aber auch da werden wir gerne kreativ!

  • Wie haben nehmen die Besucher*innen des Kirchentags deine Hilfe als Radkurierin wahr? Gab es bestimmte Reaktionen oder Feedback, das dir in Erinnerung geblieben ist?

Die Besuchenden nehmen uns immer dann wahr, wenn wir uns an ihnen vorbei zu den Halleneingängen schlängeln oder in der Stadt durch die Straßensperren fahren. Im Allgemeinen denke ich, dass den meisten Besuchenden allerdings nicht bewusst ist, dass es einen Radkurier beim Kirchentag gibt. Die Kontakte, die ich auf den letzten Kirchentagen mit den Besuchenden hatte, verliefen durchweg positiv. Die Besuchenden sind oft positiv überrascht und beeindruckt, was wir so alles auf den Rädern durch die Gegend fahren. Wir treffen oft auf Verständnis dafür, dass wir an der Schlange vorbei zum Eingang durchrollern. Natürlich gibt es auch den ein oder anderen, der sich über das „Vordrängeln“ aufregt. Das wird aber vom positiven Feedback definitiv überschattet.

  • Hast du während deiner Arbeit als Radkurierin auf dem Kirchentag besondere Begegnungen oder inspirierende Momente erlebt?

Am Brandenburger Tor bin ich mit dem Personenschutz von Barack Obama in Kontakt gekommen. In Dortmund hatte ich die Chance, mich im VIP- und im Umkleidebereich des BVB zu bewegen und den heiligen Rasen aus nächster Nähe zu betrachten. Kurzum:

Es bieten sich definitiv Chancen für besondere Erfahrungen oder Begegnungen. Inspirierend finde ich es immer wieder, mit den vielen Menschen auf dem Kirchentag aus den verschiedensten Bereichen in Kontakt zu kommen. Darüber hinaus ist eine der größten Inspirationen die Dankbarkeit der Menschen, die etwas dringend brauchten und es dann von mir gebracht bekommen. Hier geht es manchmal um die kleinen Dinge: Bühnen, denen Akkus fehlen; Veranstaltungsorte, denen Materialien fehlen oder auch Funktionsbereiche, die händeringend etwas aus der Stadt brauchen. Besonders sticht da allerdings die Lunchtüten-Tour am Abend der Begegnung heraus! Die Helfenden freuen sich, wenn sie während ihrer Schicht, frische Getränke und ihr Abendbrot gebracht bekommen und finden oft trotz stressigen Jobs noch die Kraft für ein Lächeln und ich nehme mir die Zeit, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Definitiv eine meiner Top 3 Touren auf dem Kirchentag!

  • Wie wichtig ist das Fahrrad/Lastenrad als umweltfreundliches Transportmittel während des Kirchentags? Hat das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Umweltschutz eine Rolle gespielt?

Das Lastenrad, sei es nun motorisiert oder nicht, ist gerade in der Innenstadt nicht mehr vom Kirchentag wegzudenken. Besonders während der Durchführung ist mit dem Auto oder gar dem LKW kein Durchkommen mehr!

Eine Großveranstaltung wie der Kirchentag ist natürlich nicht ohne LKW umsetzbar. Es wird so viel Material aus dem Zentrallager nach Nürnberg und dann vom Laga auf der Messe aus verteilt, dass wir da mit Fahrrädern nicht weit kämen. Eure Getränke und Lebensmittel in den Helfendenschulen wurden z. B. seit letzter Woche kommissioniert und Anfang dieser Woche verladen und ausgeliefert.

Dennoch finde ich es wichtig, dass sich damit auseinandergesetzt wird, an welchen Stellschrauben gedreht werden kann, damit der Kirchentag klimafreundlicher werden kann. Wir haben dieses Jahr erstmalig mehrere Fahrräder, mit denen man Europaletten transportieren kann. Dadurch können kurze Wege auf der Messe und auch teilweise längere Wege in die Innenstadt mit dem Fahrrad bewältigt werden.

  • Wie arbeitest du als Radkurierin mit anderen Helfendenbereichen beim Kirchentag zusammen?

Wir als Radkuriere sind räumlich und strukturell besonders mit dem Laga, der Fahrbereitschaft und dem Eisbärlaga eng verknüpft. Wir regeln viele Themen „auf dem kurzen Dienstweg“ untereinander, da diese Zusammenarbeit schon seit vielen Kirchentagen besteht und auch immer wieder dieselben Nasen dabei sind. Natürlich arbeiten wir auch mit vielen anderen Helfendenbereichen zusammen. Die Schilda haben uns dieses Jahr kleine Ansteckschilda gemacht, die wir zusätzlich zu unseren T-Shirts als Erkennungszeichen haben. Mit dem Team von TuT (Tür und Tor) haben wir Absprachen –-zum Einlass auf die Messe und zu den Veranstaltungsorten getroffen, die an die Helfenden kommuniziert werden. Der Helfendentresen steht uns immer mit Rat und Tat zur Seite und auch die Orga-Leitung steht auf unserer Kurzwahlliste.

Der direkteste Kontakt, den jeder Radkurier mit den anderen Helfendenbereichen hat, ist natürlich der zu jedem einzelnen Helfenden, der einen Eingang besetzt. Unsere Lieferungen gehen an alle Veranstaltungsorte des Kirchentages. Ab und zu beliefern wir auch Sicherheitsbereiche, die wir nicht betreten dürfen. Hier sind wir sehr auf die Zusammenarbeit mit den Helfenden und Objektleitungen angewiesen, da wir teilweise schwere oder sperrige Fracht transportieren. Wir versuchen natürlich im Vorfeld so viel wie möglich zu organisieren, aber manche Nadelöhre zeigen sich erst während man versucht sie zu passieren.

  • Gibt es während des Kirchentags besondere Highlights oder herausfordernde Situationen? Und kannst du uns eine besondere Geschichte oder Anekdote aus der Vergangenheit erzählen?

Mein Highlight sind die Lunchtüten-, Getränke- und Helfendenmotivationstouren. Mit diesen stiftet man am meisten Freude unter den anderen Helfenden. Weit oben rangieren dann Ticket und Geldtransporte (Kollekten, Handkassen etc.), da diese einem immer wieder bewusst machen, welche Verantwortung man trägt und was einem auch an Verantwortung übertragen wird.

Spontan fällt mir ein, dass wir in Berlin auf der Messe mit einem Hubwagen und unserem Schlauchboot auf die Ebene mit den Brunnen gefahren sind, um dann dort mit dem Boot in See zu stechen. Es wird beim Radkurier definitiv nicht langweilig! Und wenn doch, dann werden wir kreativ!

  • Gibt es bestimmte Erkenntnisse oder Erfahrungen, die du als Radkurierin in deinen Alltag mitnehmen konntest?

Ich denke, wie in jedem anderen Bereich auch, lernt man viel über Teamwork, Organisation und die eigene Frustrationstoleranz. Ich für mich nehme sicherlich mit, mich nicht zu sehr über Dinge aufzuregen, die ich nicht beeinflussen kann.Außerdem habe ich auf dem Kirchentag viele Menschen kennengelernt, die ich gerne wiedertreffe – spätestens alle zwei Jahre!

Lotti, FBL Radkurier, VCP

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