Auf der Suche nach Frieden

Foto: Arno Schäfer

Das politische Friedenslicht 2023

An den Tagen nach dem 2. Advent war, wie es gute alte Tradition ist, eine rdp-Delegation mit Vertreter*innen aller Mitgliedsverbände in Berlin unterwegs, um das Friedenslicht zu den politischen Akteuren zu bringen.
Als Symbol des Friedens soll das Licht gerade dort mahnen und erinnern, aber auch ermutigen und bestärken. Das politische Friedenslicht ist ein Appell, sich politisch weiter und stärker für Frieden in der Welt zu engagieren.
Dabei haben die jungen Menschen aus dem rdp, die das Licht verteilen, auch einige Gelegenheiten mit Politiker*innen und auch Mitarbeiter*innen aus den Ministerien in einen spannenden Austausch zu kommen. Zwei Beispiele:

Hubertus Heil ist Friedenslicht-Profi und Fan. Wenn das Licht in sein Bundesministerium für Arbeit und Soziales kommt, stehen im Innenhof bereits zwei, drei Stände mit Glühwein oder Kaffee und auch einer Kleinigkeit zu Essen bereit. Das ganze Haus ist auf den Beinen und eilt in den Innenhof zur feierlichen Übergabe und der kleinen Fragerunde, für die sich der ehemalige VCPer gerne Zeit nimmt. Insgesamt finden sich auch unter den Mitarbeitenden einige Ehemalige aus unserem Verband.

Auf die Frage nach der Bedeutung von Jugendpartizipation in der deutschen Politik und wie sie gelingen kann, sagt Hubertus Heil, dass es wichtig ist, die eigenen Rechte zu kennen und zu wissen, wie man sie wirksam durchsetzen kann. Um der grassierenden Politikverdrossenheit entgegenzuwirken, müssen schon die Kinder lernen, dass und wie sie wirksam werden können. Man sieht sich als Bundesregierung auf einem guten Weg zu einer wirksamen Partizipation, allgemein und besonders bei der Jugend, aber es müsse noch mehr Möglichkeiten geschaffen werden. Aber, so Heil weiter, Partizipation brauche politische Bildung. Da diese nicht selbstverständlich und flächendeckend in Schulen oder dem Elternhaus stattfände, sind die Jugendverbände mit ihren non-formalen Bildungsangeboten eine wichtige Säule der politischen Bildung.

Wie denn sein aktueller Blick auf die Jugend sei, wie und was die Politik für sie leisten könne, wurde Hubertus Heil von den Teilnehmenden gefragt. Den oft zitierten und beschworenen Generationenkonflikt in der Gesellschaft sähe er nicht, vielmehr erlebe er, z.B. in seinem Hause, wie sich die Menschen mit ihren Talenten und Erfahrungen ergänzten. Weiter führt Heil aus, brauche jede Generation Orientierung unter sich ändernden Rahmenbedingungen und Verhältnissen. Nur so könnten junge Menschen befähigt werden Entscheidungen zu treffen, die zu einem guten Leben führten. Daher sei die berufliche Orientierung ein zentraler Aspekt gesellschaftlicher Teilhabe.

Ob und wie ehrenamtliches Engagement gestärkt werden müsse, kam als letzte Frage auf. Die Vereinbarkeit von Engagement und Beruf müsse nicht künstlich attraktiver gemacht werden, so der Minister, vor allem aber gelte es das Engagement weniger unattraktiv zu machen. Es sei kein Zustand, dass ehrenamtliches Engagement nicht selten negative Auswirkungen auf die eigenen Chancen haben. Wer Zeit und Energie für unsere Gesellschaft aufbringe, dürfe nicht schlechter gestellt sein, als jene, die sich nicht engagierten, so Hubertus Heil. Anreize wie ein verbesserter oder vereinfachter Zugang zu Hochschulen durch Freiwilligenarbeit im Ehrenamt oder Freiwilligendiensten sei eininteressanter Ansatz.

Sven Giegold fällt gleich mit der Tür ins Haus, denn er ist vorbereitet. Er kenne das Motto des Friedenslichtes „Auf der Suche nach Frieden“. Als Christ befände er sich in einem Spannungsfeld, denn über seinen Schreibtisch gehen die deutschen Rüstungsexporte. In seinen Augen könne die Suche nach Frieden nicht durch den Verzicht auf Waffen zum Ziel führen, da sonst einfach immer der Stärkere gewinne. Immer. Eine solche Unfriedens-Ordnung dürfe man jedoch keinesfalls akzeptieren. Regeln machten Frieden zwar wahrscheinlicher, doch ihre Einhaltung muss gewährleistet werden, Friede müsse also verteidigt werden. Gerade in einer komplexen Gemengelage müsse man erkennen, dass es nicht nur schwarz und weiß, Gut und Böse gäbe.
In Neutralität zu verfallen, brächte uns dem Frieden aber auch nicht näher. Der Rückzug in die Innerlichkeit darf nicht als Weg nach vorne missverstanden werden. Man dürfe nicht weggucken, sich wegducken und allein den eigenen Frieden suchen, den es ohne wirklichen Frieden nicht geben könne.

Religion ist für Giegold ein zentrales Motiv. Er sieht in allen Religionen ein Verständnis von Frieden als einem kollektiven Frieden und einer gerechten Gesellschaft – viel mehr als dem individuellen und persönlichen Frieden. Daher brauche es ein breites Engagement für den Frieden – weil wir als Gesellschaft funktionieren müssen, viel mehr denn als Individuen. Dies sei auch seine Motivation für seine Arbeit: nicht die Suche nach Frieden, sondern die Arbeit für den Frieden – Engagement!

Selbst findet er etwas wie Frieden im Gebet. Echten Frieden, so Giegold, gibt es nur bei Gott. Daher rühre auch sein Faible für das Lied „there’s a longing“, in dem es heißt:

„For justice, for freedom, for mercy, hear our prayer In sorrow, in grief, be near, hear our prayer, o God“

Ich bin dankbar an dieser sehr schönen Tradition teilgenommen und spannende Gespräch geführt zu haben. Es ist sicher für jede*n ein tolles Erlebnis, wenn sich die Türen im politischen Berlin öffnen und man einen Blick ins Innere einiger Ministerien werfen kann. Es ist aber auch eine besondere Gelegenheit mit Politiker*innen ins Gespräch zu kommen, über Politik und darüber hinaus. Mich jedenfalls haben diese Gespräche berührt und zum Nachdenken angeregt. Danke.

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