Heimkommen, Zuhause sein, Heimat … verschiedene Wörter mit der gleichen Bedeutung? Lea Eller aus Fulda und Melli Schulte aus Hofheim wohnen beide schon länger nicht mehr bei Ihren Eltern und haben sich mit uns mal darüber unterhalten, was für Sie ,heimkommen’ bedeutet.
hesseblättche: Wenn ihr sagt, ,ich fahre heim‘ – wohin geht dann die Reise?
Lea: Bei mir ist es immer kontextabhängig, aber meistens meine ich dann meine Wohnung in Würzburg.
Melli: Genau, das ist bei mir auch so. Wenn ich ,heimfahre‘, meine ich damit immer meine WG. Dort bin ich nämlich zuhause.
Ihr seid beide Studentinnen und wohnt nicht mehr bei euren Eltern. Kann ,heimfahren‘ trotzdem auch heißen: Zu den Eltern fahren?
Melli: Bei mir ehrlich gesagt nicht, zumindest nicht mehr seit ich in Mainz wohne. Ich sage dann tatsächlich, dass ich zu meinen Eltern fahre oder eben nach Hofheim. Während meines Studiums in Nürnberg habe ich aber bestimmt öfters auch mal ,nach Hause‘ gesagt.
Lea: ,Ich fahre in die Heimat’, wenn ich zu meiner Family fahre.
Wofür steht denn das Wort Heimat für Euch?
Melli: Heimat ist für mich eher ein größer gefasster Begriff. Ich würde sagen, dass Deutschland meine Heimat ist, oder das Rhein-Main-Gebiet. Vermutlich abhängig vom Gesprächskontext. Persönlicher wird’s bei mir bei dem Wort ‚Zuhause‘
Lea: Ich habe oft eher Momente, in denen ich Heimatgefühle habe. Das sind dann ganz unterschiedliche Situationen:
das Zurückerinnern an Schulzeit, ein Telefonat mit Pfadfindern von Zuhause, das Genießen von Apfelwein oder auch ein typischer Mutti-Spruch.
Kann denn ein Pfadfinderlager auch Zuhause sein?
Melli: Total, finde ich. Ich habe darüber sogar mal eine Andacht geschrieben:
Die schwarzen Zelte, das Feuer, bei meinem Stamm die Teppiche in der Jurte.. das schafft sofort nach dem Aufbau für mich eine totale Zuhause-Stimmung, man ist ja sozusagen wieder in seinen eigenen vier Wänden.
Ich glaube, dass dabei auch der Geruch eine große Rolle spielt. Eine schöne Metapher ist der Gedanke, dass man am Ende des Lagers die Erlebnisse und Erinnerungen mit den Zelten einpackt – beim nächsten Lager öffnet man die Zelte wieder und ist irgendwie genau dort, wo man aufgehört hat. Klingt das zu kitschig?
Lea: Ein bisschen kitschig klingt es schon, aber du hast total Recht. Der Geruch von Lagerfeuer, der in dem Schwarzmat hängt, ruft viele schöne Erinnerungen auf.
Also ja: Auf jeden Fall kann für mich ein Pfadfinderlager auch ein Zuhause sein. Die Menschen, die mich dort umgeben, geben mir Sicherheit und das Gefühl, angekommen zu sein.
Du meinst also, Menschen können auch ein Zuhause sein?
Lea: Für mich stimmt das, ja. Ich habe Freunden, bei denen ist es total egal, wo ich sie treffe, aber ich kann sofort nur ich selbst sein und das ist für mich entscheidend für ein Zuhause. Neulich war ich für längere Zeit in Köln und so außerhalb meiner normalen ,Zuhause-Orte‘ und dann bin ich für eine Pfadfinderveranstaltung nach Kassel in die Butze gekommen. Es war sehr schön, denn ich hatte sofort das Gefühl, irgendwie heimgekommen zu sein. Obwohl es nicht meine besten Freunde waren, die ich dort getroffen haben. Aber die Stimmung, das Beisammensein und der halbwegs vertraute Ort haben mich ganz entspannt ,ich selbst’ sein lassen.
Melli: Ja, so geht es mir auch oft. Vielleicht, weil man sich besonders bei guten Freunden oder eben dem Partner schnell sehr geborgen fühlt oder die Atmosphäre stimmt, die man dann an einem fremden Ort gemeinsam erschafft. Und mit den Pfadfindern geht es mir auch manchmal so wie dir, Lea. Ich finde, bei den Pfadis herrscht oft eine Art ,Grundvertrauen’, ganz egal, wie gut man jetzt befreundet ist. Das ist echt etwas Besonderes!
Gibt es für euch ein “Heimkommen-Ritual”?
Lea: Eigentlich nicht so recht, nein. Aber zur Weihnachtszeit ist die Burgweihnacht vielleicht so etwas. Darauf kann man setzten, dass die immer am Tag vor Heiligabend am selben Ort, mit ähnlichen Menschen und immer lang gefeiert wird. Ach da freue ich mich jetzt schon wieder drauf 🙂
Melli: Ich finde, genau dieses Verlassen darauf, dass etwas immer gleich ist, macht Zuhause aus! Ich bin in den letzten zwei Jahren oft umgezogen und habe in drei Städten gelebt. Für mich war dann auch total wichtig, ein paar bestimmte Dinge mitzunehmen, um mich Zuhause zu fühlen: Meine Bettwäsche, die Lieblingskaffeetasse und Fotos. So war es in der neuen Umgebung trotzdem ein bisschen ,gleich’.